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dem 18. Jahre regierungsmündig würden, so bedürften alle Verordnungen
und Institutionen, welche vor der ungesetzmässig verlängerten
Regierung erlassen worden seien, zu ihrer bleibenden Rechtsgültigkeit,
seiner, des Herzogs, spezieller Anerkennung !).“
In einer eigenen Denkschrift erhob der Herzog Carl eine Reihe von Be-
schwerden, direkt zwar nur gegen den Grafen von Münster und den Gch. Rath
von Schmidt-Phiseldeck, indirekt aber auch gegen den König von England selbst,
als den frühern Obervormund 2).
Allerdings bestimmt das oben angeführte pactum Henrico - Wilhelminum das
achtzehnte Jahr als Mündigkeitstermin für die Prinzen des Hauses Braunschweig,
aber keineswegs stand dieser Termin so fest, dass nicht manchfach daneben ab-
weichende Bestimmungen vorgekommen wären; so wird in der Verordnung des
Magmus Torquatus von 1370 und in dem Testament Herzogs Julius von 1582 das
Alter von 25 Jahren als Mündigkeitstermin festgesetzt. Selbst angesehene Publi-
cisten, wie J. J. Moser, erklären daher das 25. Jahr für den regelmässigen Mündig-
keitstermin im herzoglichen Hause?). Wäre aber selbst das vollendete 18. Jahr
als feststehender Volljährigkeitstermin zu betrachten gewesen, so würde doch in
der Verlängerung der Vormundschaft bis zum vollendeten 19. Jahre keine Unrecht-
mässigkeit liegen, da dieselbe im Einverständniss mit dem Herzog Carl
selbst erfolgte, ja früher, als dieser selbst vorgeschlagen hatte, beendigt wurde.
Eben so unbegründet war die Beschwerde, dass die Vormundschaft nicht
berechtigt gewesen sei, dem Lande eine Landschaftsordnung zu geben.
Abgesehen davon, dass diese Landschaftsordnung durchaus nicht als eine
constitutionelle Verfassung im neuern Sinne betrachtet werden kann, sondern nicht
viel mehr als eine Zusammenstellung und Revision der älteren landständischen
Privilegien ist, so muss stets vor allem als Regel festgehalten werden, dass der
vormundschaftliche Regent alle Regierungsrechte anstatt des minderjährigen Lan-
desherrn iu voller Vertretung desselben auszuüben berechtigt und verpflichtet ist,
insofern die positive Verfassung keine Beschränkungen enthält. Selbst Ver-
fassungsveränderungen auf verfassungsmässigem Wege sind nicht
ausgeschlossen®). Die königliche Obervormundschaft war daher zu Erlassung
einer solchen Landschaftsordnung unzweifelhaft berechtigt und der dagegen erhobene
Widerspruch nichtig und frivol.
4) Die Verordnung vom 10. Mai 1827 wird wörtlich mitgetbeilt in der Schrift „Der Auf-
stand in Braunschweig“ S. 17.
2) Diese Denkschrift heisst: „Darstellung der Verhältnisse des von Braunschweig entwiche-
nen Geh. Ratlıs von Schmidt-Phiseldeck zu der für die herzoglich braunschweigischen Lande
bestandenen vormundschafllichen Regierung und dem Stellverireter derselben Grafen von Münster,
sowie im Gegensatze zu dem herzoglich braunschweigischen Hause und der Person Sr. Durch-
laucht des jetzt regierenden Herrn Herzogs.“ Braunschweig 1827. Eine andere Schrift fast
gleichen Inhalts: „Beschwerdeschrift der herzoglich Braunschweigischen Regierung, welche durch
vielfache Rechiskränkungen von Königlich Bannoverischer Seite begründet und durch das öffent-
liche Aurgernise der Anstellung des Geh. Rallıs von Schmidt- Phiseldeck abgenöthigt ist“.
3) Manecke in seinem Braunschw.-Lüneb. Staalsrecht S. 120 sagt: ch kann nicht
umhin, denjenigen beizupflichlen, welche das 25. Jahr für das vogibare Jahr in dem berzoglichen
auge h “
4) H. A. Zachariä, Deutsches Staats- und Bundesrecht I. S. 380.