Full text: Die Hausgesetze der regierenden Deutschen Fürstenhäuser. Erster Band: Anhalt, Baden, Bayern, Braunschweig. (1)

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von 733,330% Rthl. abgekauft. Seitdem ist Lauenburg, trotz aller fortge- 
setzten Proteste, bis 1803 im Besitze des welfischen Hauses geblieben. 
Johann Friedrich, bereits 1653 zur katholischen Kirche übergetreten, 
durch den hildesheimischen Rezess von 1665 regierender Herr von Calenberg, Güt- 
tingen und Grubenhagen, starb 1679 ohne männliche Nachkommenschaft. Dadurch 
wurde dem jüngsten Bruder, Ernst August, welcher seit 1662 bereits Fürstbi- 
schuf von Osnabrück geworden war, die Nachfolge in Calenberg eröffnet. Durch 
seine Vermählung mit Sophia, des Kurfürsten Friedrich Y. von der Pfalz 
Tochter, pflanzte er allein den Mannsstaınm seines Vaters, Herzogs 
Georg, fort. 
Ernst August war erfüllt von dem Gedanken, die Grösse seines Hauses fest 
zu begründen und dasselbe zu erneutem Glanze zu erheben. In diesem Bestreben 
gelangen ihm zwei wichtige Schritte, die Einführung der Primogenitur und 
die Erwerbung der Kurwürde. 
Durch die verderblichen Bestimmungen des väterlichen Testamentes von 1641, 
welches die Zweiung der Fürstenthümer als ein ewiges Hausgesetz sanktionirte, 
war die Einführung der Untheilbarkeit und Primogenitur in hohem Grade erschwert. 
Die Ansprüche der Nachgebornen fanden darin eine solche Unterstützung, dass 
Ernst Augusts starke Hand dazu gehörte, um die Wirkungen jenes unheilvollen 
Dokumentes für immer zu vernichten. Der älteste Bruder, Georg Wilhelm zu Cella, 
hatte ausdrücklich auf ebenbürtige Vermählung verzichtet und war ohne Mannes- 
erben geblieben. So war seine Zustimmung zur Einführung der Primogenitur zu 
erreichen. Diese erfolgte durch das mit brüderlicher Einwilligung er- 
richtete, am 1. Juli 1683 kaiserlich bestätigte Testament, Ernst Au- 
gusts ®). 
Mit diesem Gesetz der Primogenitur war eine so sichere Grundlage für die 
Eıstarkung des welfischen Hauses gegeben, dass Ernst August darauf noch kühnere 
Pläne bauen konnte. Nach langen Verhandlungen, wobei Ernst August die Gunst 
der Verhältnisse bestens zu benutzen verstand, ertheilte der Kaiser am 
9. December 1692 dem Gesandten Ernst Augusts die feierliche 
Belehnung mit der neunten Kurwürde 2). In dem Kurfürstendiplome für 
Ernst August von 1692 wurde das eingeführte Erstgeburtsrecht bestätigt; der Kai- 
ser erklärte, bewirken zu wollen, „dass Herzogs Eınst Augusts zu Braunschweig 
Liebden vor sich und Dero Descendenten männlichen Geschlechts juxta ordinem 
primogeniturae die Kurwürde wirklich erlange und in die Zahl Unserer und des 
Reichs Kurfürsten an- und aufgenommen werde“. 
  
1) Dieses hochwichlige Testament ist big jetzt noch nicht im Druck erschienen, selbst 
Spittler hat dasselbe nicht, eingeschen. Wir freuen unse daher, dass uns danselbe durch die 
Güte des Archivdirectors Herin Dr. Schaumann mitgelheilt worden ist und bringen es im Ur- 
kundenbuche Nr. XI zun ersien Mal zur Veröffentlichung. Selbst die Jahrzahl der Primogenitur- 
ordnung ist bis jetzt überall falsch angegeben, Moser und alle älleren Publiziaten geben das. 
ahr 1680 an, andere das Jahr 1682. Dr. Schaumann bemerkt dagegen: „Ein Primogeniturge- 
setz von 1682 giebt es gar nicht und kann nur irethömlich in die, Lehrbücher gekommen sein. 
Das Grundgesetz hierfür ist das Testament Ernst Augusts v 
2) Die Erwerbung der neunten Kurwürde wird ausführlich Yargestellt von Spittler II. 
.355 fl. Pütter, Histor. Entwickelung Bd. u S. 331. Der s. g. Kurlraktat abgedruckt bei 
ante. Pars spec. V. S. 167. Rehtmeier S. 1736. 
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