Full text: Die Hausgesetze der regierenden Deutschen Fürstenhäuser. Erster Band: Anhalt, Baden, Bayern, Braunschweig. (1)

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Obersten August Friedrich von Este im Jahre 1834 Ansprüche auf das Succes- 
sionsrecht und die Eigenschaft eines königlich hannöverschen Prinzen erhoben 
worden, welche zu den interessantesten staatsrechtlichen Erörterungen Veranlassung 
gaben’). Wir müssen deshalb den Sachverhalt und den Kernpunkt der Rechts- 
frage kurz angeben. 
Im Jahre 1792 reiste der 1773 geborene sechste Sohn Georgs III., der Prinz 
Friedrich August (seit 1801 Herzog von Sussex), nach Italien, leınte hier Lady 
Auguste Murray, zweite Tochter des Grafen von Dunmore kennen und liess 
sich mit ibr ohne Vorwissen seines königlichen Vaters von einem Geistlichen der 
anglikanischen Kirche insgeheim trauen; ein zweiter Trauungsakt fand zu London 
statt, ebenfalls mit Verheimlichung der prinzlichen Eigenschaft und ohne Vor- 
wissen des königlichen Vaters. Am 13. Januar 1794 gebar Lady Auguste einen 
Sohn August Frederik, den nachherigen Prätendenten. Auf Antrag des Königs 
wurde diese Verbindung 1794 von dem erzbischöflichen Gericht in London für 
nichtig und ungültig erklärt. Da die Royal marriage act von 1772 jede Ehe 
eines Mitgliedes der königlichen Familie, ohne die vorgängige Erlaubniss 
des regierenden Königs für null und nichtig erklärt, sv war für Grossbritan- 
nien die Ungültigkeit dieser Verbindung unzweifelhaft, wie der Gerichtshof aus- 
sprach, „Jass die angebliche doppelte Vermählung schlechthin nichtig und ungültig 
in aller Hinsicht und Absicht gewesen sei und noch sei.“ Nur mit ganz frivolen 
Gründen konnte die Anwendbarkeit der Royal marriage act für diesen Fall bestrit- 
ten werden. Anders lag die Sache für die deutschen Stammlande. In Bec- 
zug auf diese galt natürlich die erwähnte Parlamentsakte nicht. Darum glaubte der 
Prätendent eventuell wenigstens die Eigenschaft eines hannöverschen Prinzen 
und die Successionsfähigkeit in den deutschen Stammlanden in Anspruch nehmen 
zu dürfen. Hier war damals die Einholung der Zustinmung des rerierenden 
Herrn zu den Ehen der Mitglieder des Hauses nicht ausdrücklich vorgeschrieben 
und, nach deutschem Fürstenrechte, auch keineswegs als ipso jure nothwendig zu 
betrachten. Dagegen waren aus andern Gründen die Ansprüche des August von 
Este auf die Eigenschaft eines hannöverschen Prinzen zu verwerfen, namentlich: 
1) wegen des Mangels väterlicher Einwilligung, wodurch nach evan- 
gelischem Kirchenrecht eine Verbindung nichtig und ungültig wird 2); 
2) wegen des Mangels der Ebenbürtigkeit. Das Haus Braunschweig 
  
1) Für den Prätendenten August von Este ist „das Rechtsgutachten über die Ansprüche 
Augusts von Este, ehelichen Sohnes Sr. königlichen Hoheit des Herzogs von Sussex auf den 
Titel, die Würden und Rechte eines Prinzen des Hauses Hannover" von Dr. Karl Salonıon 
Zachäriä, 1834, ferner: Johann Ludwig Klüber in dem zweiten Bande ee Abhandlungen 
und Beobachtungen für Geschichte, Staats- und Rechtswissenschaften, 183, gegen den Präten- 
denten: Karl Friedrich Eichhorn, „Prüfung der Gründe, mit welchen von den Herren Klüber 
und Zacharias die Rechtsgülligkeit und Standesmässigkeit der von dem Herzog von Sussex mit 
Lady Auguste Murray im Jahre 1793 geschlossenen ehelichen Verbindung beliauptet worden ist,“ 
3835. Die Ansprüche des Obersten Sir A. d’Este auf Thronfähigkeit in Grossbrilannien und 
Hannover von Robert Mohl, 1835. Ucber die nr in Grossbrilannien und Hannover 
und die Ansprüche der Geschwister Fr. A. und Augusic Emina von Este von Karl Erust 
Schmid, 1835. 
2) Ausgeführt von Eichhorn S. 42—119, von Mohl S. 110 .
	        
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