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deutsehen: Fürstenhäuser nicht von selbst aufgehoben, wohl aber. wesentlich
verändert, besonders ist die Stellung des regierenden Herrn zu seinen Agnaten eine
durchaus andere geworden'). Während letztere früher reichsunmittelbare Standes-
genossen des regierenden Gliedes ihres Hauses ‚waren und also nur unter Kaiser
und Reich standen, sind sie jetzt Untertanen und unterliegen der -Familiengewalt
des souveränen ÖOberhauptes ihres Hauses, Diese mit der. Souveränität erworbene
Familiengewalt. giebt der fürstlichen Hausverfassung eine ganz neue Grundlage.
Da aber über den Umfang dieser Familiengewalt durchaus keine Gleichförmigkeit
der Ansichten besteht, da auch sonst, seit Auflösung des Reiches ein grosser Theil
der frühern hausgesetzlichen Bestimmungen als. veraltet zu. betrachten ist, so
macht sich das Bedürfniss einer legislativen Neuordnung auch auf diesem
Gebiete überall geltend. on
Dazu kommen durch die neuen constitutionellen Verfassungen andere
Gründe, welche diese Forderung noch verstärken. Die Agnaten sind zwar durch
die erlangte Souveränität Unterthanen geworden, ja sie unterliegen Beschränkungen,
welche andern Unterthanen gegenüber nicht bestehen, aber sie sind deshalb nicht
rechtlos und .der Willkühr ‚preisgegeben, sondern sie sind zugleich Staatsbürger
eines geordneten Rechtsstaates und haben auch, ihrem souveränen Oberhaupte
‚gegenüber, ihre bestimmte unantastbare Rechtssphäre?). Ihr Gerichtsstand, ihre
Ehen und Vormundschaften, ihre Ehrenvorrechte, ihre pecuniären Emolumente
bedürfen einer festen gesetzlichen Regelung. Die Bestimmungen über das Stamm-
gut und das Kronfideicommiss, über die Civilliste, über. die Aussteuer der
Prinzessinnen, das System der Apanagiruug — mag Jas Prinzip der erblichen oder
persönlichen Bezüge gelten — finden in einem nenen umfassenden Hausgesetze ihren
entsprechenden Tlatz, und so kommt auch in diese Verhältnisse Rechtssicherheit,
Einheit und Consequenz.
In mehreren deutschen Fürstenhäusern haben Jie scit 1806 so wesentlich
veränderten staatlichen Verhältnisse, in zwei, verschiedenen Perioden, auch wirklich
neue Hausgesetze. ins Leben gerufen. .
Während zur Zeit des Reiches nirgends eine Codification der Hausver-
fassung. angestrebt wurde, sondern man sich überall mit vereinzelten, wenn auch
oft sehr umfangreichen. Bestimmungen begnügte, veranlasste die, durch Aufhebung
des Reiches neuerlangte Souveränität mehrere Rheinbundsfürsten, die Verfassung
ihres Hauses vollständig zu codificiren, wie dies in Würtemberg durch das Haus-
gesetz vom 1. Januar 1808, in Bayern durch das Familiengesetz von 28. Juli 1808
geschah. Diese Hausgesetze tragen, wenigstens in einzelnen Zügen, den Stempel
des napoleonisch - despotischen Geistes an sich, welcher die Rheinbundsperiode
kennzeichnet. Der im Sinn der damaligen Zeit ausgebeutete Souveränitätsbegriff
1) Ausdrücklich wird dies ale Moliv hervorgehoben in dem hannöverschen Hausgeselz vom
19. Nor. 1836: „In Erwägung, dass die seit Auflösung der deutschen Reichsverfassung wesentlich
veränderten Verhältnisse der Mitglieder der deutachen regierenden Häuser zu ihrem Oberhaupte und
nunmehrigen Sourerän einer nälreren Bestimmung bedürfen.“
2) Hierüber spricht besonders treffend Robert von Mohl in seinem würtembergischen
Staatsrecht Bd. I. $. 76—82. nn n Pr