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1. Urgeschichte des Hauses Lippe bis auf Simen Vi. (+ 1613) gemeinsamen Siammraier
aller Fürsten und Grafen sur Lippe.
Das uralte Dynastengeschlecht der edlen Herren zur Lippe „nobiles domini
de Lippia“ leitet seinen Namen von dem amı südlichen Fusse des Teutoburger
Waldes gelegenen Flusse „Lippe“ her, an dessen Ufern in der Nähe von Lipp-
stadt seine ältesten Stammbesitzungen lagen. Das Geschlecht hat dann wieder
dem Lande seinen Namen gegeben. Als erster nuchweisbarer Ahnherr des Ge-
schlechtes ist Hermann I., der mit seinem Bruder Bernhard in einer Urkunde
von 1129 zum ersten Mal mit dem Beinamen „von der Lippe“ erscheint, zu be-
trachten.
Sein Sohn, Bernhard II. (1172—1219), gehört zu den bedeutendsten Ahn-
berrn des Hauses. Er erweiterte zuerst seine Besitzungen nach Norden zu im
jetzigen Bereiche des Landes, erbaute die Falkenburg im Teutoburger \Valde,
Lippstadt an der Lippe (1196), kämpfte mit Auszeichnung für Heinrich den Löwen,
legte dann die Regierung nieder, trat in den geistlichen Stand und zog nach
Liefland zur Bekehrung der Heiden, wo er Abt von Dünamünde und Bischof von
Semgallen wurde (f 1223). Von seinen fünf Söhnen folgte ihm Hermann I. in
der Herrschaft Lippe und pflanzte das Geschlecht fort. Die vier anderen Söhne
hatten sich dem geistlichen Stande gewidmet und bekleideten hohe kirchliche
Würden. Durch die damals so verbreitete Sitte, nach welcher die Söhne des
hohen Adels im Dienste der Kirche glänzende Versorgungen und einflussreiche
Stellungen fanden, konnten l.andestheilungen vermieden und die Individualsucces-
sion aufrecht erhalten werden. So kommt im lippischen Hause bis zum Jahr
1344 keine Spur einer Landestheilung vor. Von 1275—1344 besass Simon I. die
ganze Herrschaft allein. In diesem Jahre wurde aber unter seinen beiden Söhnen
Otto I. und Bernhard V. ein 'Theilungsvertrag geschlossen, infolge dessen die
Herrschaft Rheda, welche damals einen Bestandtheil der Herrschaft Lippe aus-
machte, dem Hause für immer verloren ging, indem nämlich Bernhards V. Schwie-
gersohn, Graf Otto von Tecklenburg, Ansprüche an Rheda machte, sie mit Gewalt
durchsetzte und so diesen Besitz dem Hause Lippe für immer entfremdete.
Simon II. folgte seinem Vater Otto 1361, seinem ohne Söhne verstorbenen Ohein
Bernhard V. -1365. Simon IIL., welcher zu seinen lippischen Stammbesitzungen
noch die Grafschaft Sternberg erwarb, legte durch sein „pactum vel privilegium
unionis* im J. 1366 die erste Grundlage für die lippische Haus- und Landesver-
fassung, welche bis auf den heutigen Tag von fundamentaler Bedeutung ist. Gewamt
durch die Nachtheile der ersten lippischen Landestheilung von 1344 stellte er
gleich iın ersten Jahr seiner Regierung 1366 der Stadt Lippstadt und ihren Bür-
gern eine Versicherung dahin aus, dass die Herrschaft zur Lippe ewig ungetheilt
bleiben und die Bewohner derselben nur in Eine Hand huldigen sollten. Zwei
Jahre später wurde diese Versicherung erneuert und den Rittern, Knechten,
Städten und allen Einwohnern des Landes ertheilt mit dem Beifügen, dass wenn
mehrere Erben da wären, das übrige Land demjenigen folgen solle, welchem die
Städte Lippstadt und Lemgo huldigen würden, wozu sich die Burgwänner aus-