Full text: Die Hausgesetze der regierenden Deutschen Fürstenhäuser. Zweiter Band: Hessen, Lippe, Mecklenburg, Reuß, Oldenburg. (2)

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Wichtig durch ihre eingehende geschichtliche Erörterung und die Mittheilung bisher 
unbekannter Aktenstücke ist die Denkschrift: „Das kurfürstliche Hausfideikommiss 
vor und nach der Einverleibung Kurhessens in den preussischen Staat. (Als 
Manuscript gedruckt.) Kassel 1874.“ Dieser Denkschrift sind noch verschiedene 
Nachträge gefolgt. 
I. Bessen von den ältesten Zeiten bis sur Begründung der erblichen Herrschaft 
Heinrichs von Brabant im Jahre 1263. 
Hessen bildete in der frühsten Zeit einen Bestandtheil der fränkischen Mo- 
narchie. Während des achten Jahrhunderts nahmen die Bewohner des Landes 
das Christenthum an; seitdem kommen sie zuerst im J. 724 unter dem Namen 
der Hessen vor. (Papst Gregor II. schreibt an Bonifacius 724: „Universis opti- 
matibus et populo provinciarum Germaniae, Thuringiae et Hessis.“) In Gemäss- 
heit des Vertrages von Verdun (843) fiel Hessen der deutschen Reichsverbindung 
zu. Seit der Zersplitterung der alten Gauverfassung und dem Erblichwerden der 
Grafschaften erhoben sich auch in Hessen zahlreiche Dynastengeschlechter. Unter 
ihnen ragte das Haus Ludwigs des Bärtigen hervor, welcher sich im Jahre 
1039 in Thüringen niederliess und daselbst durch Heirath und Kauf eine, von 
seinen Nachkommen auf ähnliche Weise ansehnlich erweiterte Erbgrafschaft 
gründete. Sein Enkel Ludwig I., welcher auch ein „Graf in Hessen“ war, 
wurde vom König Lothar II. im J. 1130 auf dem Reichstage zu Quedlinburg mit 
der Landgrafschaft Thüringen, als einem Fahnlehen beliehen und ward 
somit der erste Landgraf von Thüringen. Seine Nachkommen blieben 
in dem Besitze der Landgrafschaft Thüringen und der zahlreichen Stammgüter 
daselbst; daneben bildete die Grafschaft in Hessen mit den dortigen Gütern und 
dem hohen Landgerichte von Maden eine gesonderte Herrschaft. 
Die Landgrafschaft Thüringen wurde nach dem Grundsatze der Indivi- 
dualsuccession und dem Rechte der Erstgeburt vererbt. Dabei war es 
Familienobservanz, dass den Nachgeborenen die hessischen Besitzungen zur Ver- 
waltung anvertraut wurden, welche sie als Landvögte des Erstgeborenen ver- 
walteten. Heinrich Raspe I., II. und II. bekleideten eine solche Stellung in 
Hessen‘). In diesem Verhältnisse blieb Hessen zur Landgrafschaft Thüringen 
bis zum Erlöschen des landgräflichen Mannsstammes. 
Als Heinrich Raspe (1247) kinderlos starb, begann der thüringische 
Erbfolgestreit (1247—1263). Die Landgrafschaft Thüringen erhielt, vermöge 
einer vom Kaiser Friedrich II. ertheilten Lehensanwartschaft und naher verwandt- 
schaftlicher Beziehungen, Markgraf Heinrich der Erlauchte von Meissen, 
  
1) H. Schulze, Recht der Erstgeburt 8. 181.
	        
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