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Person aller ihrer männlichen lehensfähigen Nachkommen geschah vom Kaiser
Karl IV. zu Prag den 6. Dechr. 1373, in Gegenwart vieler Fürsten, Grafen und
Freien des Reiches. Zugleich wurde die hessisch - meissnische Erbverbrüderung
bestätigt am 13. Dechr. 1373; dadurch wurde Hessen der Landgrafschaft Thü-
ringen gleichgestellt und Hermann mit dieser, sowie mit der Markgrafschaft Meissen
belehnt, und alles genehmigt, was die beiden regierenden Häuser in dieser Hin-
sicht verabredet hatten.
Auf Heinrich IL, welcher im Jahre 1377 nach einer fast achtundvierzig-
jährigen Regierung verschied, folgte sein Neffe, Hermann der Gelehrte (1377
—1413), der Stammvater aller gegenwärtig noch vorhandenen Linien des hessi-
schen Fürstenhauses. Auch unter seiner Regierung fanden einige Erwerbungen
statt, so erkaufte er von Heinrich, Grafen von Henneberg, das Schloss Barch-
feld ohnweit Vach an der Werra; auch erwarb Hermann später die Stadt Vach
selbst und die Schlösser Wildeck und Hauneck.
Von Hermanns vier Söhnen starben drei in der Kindheit, ihn überlebte nur
Ludwig Il, der Friedfertige, sein Nachfolger (1413—1458). Kaiser
Sigismund ertheilte ihm am 25. Mai 1417 zu Kostnitz die Reichsbelehnung mit
dem Fürstenthum der Landgrafschaft zu Hessen.
Auch Ludwig Il. erwarb seinem Hause wichtige Rechte und Besitzungen,
so die Schutzvogtei über die Abtei Hersfeld (1432) und Corvey (1434), vor
allem aber die bedeutenden Grafschaften Ziegenhain und Nidda, indem ihm
Graf Johann II., der letzte seines Stammes, schon bei Lebzeiten, die Oberhoheit
über seine Lande und nach seinem Tode die Nachfolge in denselben nach Lehen-
recht verschaffte, da die Lehenherren, die Aebte von Fulda und Hersfeld, dem
Landgrafen die Belehnung nicht versagten. (Estor, elem. $.8 p. 13. Origines
$.88 9.169.) Der Anfall der beiden Grafschaften erfolgte mit dem Tode Jo-
hanns II. im Jahre 1450, wodurch die Abrundung des hessischen Territoriums
wesentlich befördert wurde. Auch die Grafen von Waldeck unterwarfen sich
dem hessischen Lehenhofe.
Ludwig U. hinterliess vier Söhne, von denen einer, Hermann, geistlich,
zuletzt Erzbischof von Cöln wurde, ein anderer, Friedrich, früh starb. Lud-
wig Il. wich von dem heilsamen Grundsatze seines Ahnherrn, Ottos, wieder ab,
indem er nicht dem Erstgeborenen allein die Regierung einräumte, sondern in
dem Verlobungsvertrage seines zweiten Sohnes Heinrich mit der Tochter und
Erbin des letzten Grafen von Katzenellenbogen und Diez ausdrücklich ver-
sprach: „dass seine beiden altesten Söhne nach seinem Tode gleich
theilen sollten“, ein Versprechen, dessen verderbliche Folgen alle Vortheile
äusserer Vergrösserung aufwogen !).
Ludwig Ill., der Freimüthige (1458 — 1471) nahm nach dem Tode seines
Vaters seinen Sitz zu Kassel, dem zweiten Bruder Heinrich IL (1458—1483),
1) Die che Beimchronik drückt sich darüber folgendermaassen aus (bei H. Schulze,
Recht der Erstgeburt 8. 291):
„Er meint nun in dem Land,
Zween könnten halten Fürstenstand.“