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ihre beiden Söhne und deren Erblande an". Als die Brüder mündig geworden
waren, verlangte Wilhelm IL Theilung. Wilhelm I. berief sich dagegen auf sein
Recht der Erstgeburt: „So nun der genannte junge Fürst sein Theil an seinen
Bruder den ältern Herrn Wilhelm forderte und begehrte eine Theilung, wollte ihn
der Bruder nicht willig zulassen und weigerte ihm sein Theil in Meinung sein
und seiner Räthe, er wäre der erstgeborene und sollte Vortheil haben und die
Regierung sollte ihm zustehen.“!) Im Jahr 1485 kam ein Vergleich zu Stande,
nach welchem Wilhelm I. „als der älteste Fürst“ die Regierung führen, seinem
Bruder aber einige Schlösser und Städte zum Unterhalte bestimmen sollte. Im
Jahre 1487 wurde davon wieder abgegangen, eine ganz gleiche Landesthei-
lung vorgenommen und eine Erbeinigung von den beiden geschlossen (am 16. Juni
1487), welche auch ihre Söhne, in ihrem vierzehnten Jahre, wenn sie ihr Erbe
anträten, beschwören sollten. Allein schon 1493 trat Wilhelm I. den ihm zuge-
fallenen Antheil seinem Bruder Wilhelm II. ab mit der erklärten Absicht: „Zu
Mehrung des Fürstenthums Hessen, damit dasselbige durch manchfaltige Thei-
lungen nicht geringet oder vernichtet, sondern zu einem beständigen fürstlichen
Wesen oder Regiment gekehrt werden möge“ Nach dem Aussterben der
oberhessischen oder marburgischen Linie 1500 vereinigte somit
Wilhelm II. wieder alle hessischen Lande.
Wilhelm I. (} 1509) hinterliess einen einzigen unmündigen Sohn, Philipp
den Grossmüthigen (1509—1567). Da keine Agnaten des Hauses Hessen
mehr vorhanden waren, so fanden grosse Streitigkeiten über Vormundschaft und
Landesregierung statt.
Nach dem väterlichen Testament sollte Philipp im sechszehnten Jabre eine
Stimme im Rathe, im achtzehnten vollkommene Selbständigkeit erhalten, allein
der Kaiser erklärte ihn schon im vierzehnten Jahre seines Alters für der Vor-
mundschaft entlassen, für volljährig und regierungsfähig (am 16. Mai 1518).
Philipp trat zur evangelischen Kirche über und begann 1526 mit der
Homberger Synode die Kirchenreform seines Landes. Seine Kämpfe für die evan-
gelische Glaubensfreiheit, seinen tiefgreifenden Einfluss auf die gesammten deut-
schen Angelegenheiten zu schildern, ist hier nicht unsere Aufgabe; Philipp
kommt hier nur in Betracht als Chef seines Fürstenhauses und als
gemeinsamer Stammvater aller gegenwärtigen Linien des hessischen
Hauses.
Die Grafschaft Katzenellenbogen, welche während Philipps Gefangenschaft
von dem Kaiser dem Hause Nassau zugesprochen worden war, brachte Philipp,
wenigstens grösstentheils, wenngleich nicht ohne Opfer, wieder an sein Haus; denn
als in Folge besonderer Bestimmungen des Passauer Vertrages 1552 diese Rechts-
frage, nach unzähligen früher vergeblichen Vergleichsversuchen, von den Kur-
fürsten von Pfalz und Sachsen und den Herzögen zu Jülich und Würtemberg
1557 neu untersucht worden war, wurde sie endlich dahin entschieden: dass
Katzenellenbogen bei Hessen bleiben, dieses aber 600,000 fl. an Nassau zahlen
1) Nohe, hessische Chronik cap. 61 bei Pfeiffer a.a.O. 8. 178.