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und der vierte Theil dieser Summe mit Land und Leuten compensirt werden
sollte, wodurch namentlich der hessische Antheil von Diez an Nassau abgetreten
wurde; doch behielten beide Theile, sowohl Hessen als Nassau, fortwährend Titel
und Wappen von Katzenellenbogen !).
So reichte Philipps Herrschaft vom Rhein bis zur Werra. Er war der
letzte Fürst seines Hauses, welcher alle hessischen Lande noch ein-
mal in seiner Hand vereinigte.
Philipp hinterliess vier successionsfähige Söhne aus seiner ebenbürtigen Ehe
mit Christina, Herzogs Georg von Sachsen Tochter. Mit Margaretha von
der Saal, welche er, nach dem Tode der Landgräfin, als seine rechtmässige Ge-
mahlin geachtet wissen wollte, erzeugte Philipp sieben Söhne und eine Tochter,
denen er den gräflichen Stand und einige von seinem Vater Wilhelm II. erworbene
südhessische Aemter bestimmte. Doch sind alle Kinder aus dieser Ehe, welche
Grafen von Diez genannt wurden, ohne Erben abgegangen ®).
Fünf Jahr vor seinem Tode übergab Philipp den berufenen Zeugen und No-
tarien sein Testament vom 6. April 1562, die erste und wichtigste Grund-
lage der hessischen Hausverfassung°).
Philipp der Grossmüthige starb am 31. März 1567. In Folge seines Testa-
mentes wurden seine Lande unter seine vier Söhne erster Ehe vertheilt‘), die
Theilung aber selbst auf eine sehr ungleiche Weise veranstaltet:
1) Der älteste Sohn Wilhelm IV. bekam ohngefähr die Hälfte des Landes
mit Kassel, nämlich Niederhessen, den grössten Theil von Ziegenhain und die
Hälfte von Schmalkalden. 2) Der zweite Sohn Ludwig IV. erhielt ohngefähr
den vierten Theil des Landes mit Marburg und Giessen, die Grafschaft Nidda
und die Herrschaft Eppstein. 3) Philipp I., der dritte Sohn, bekam ohngefähr
den achten Theil des Landes, nämlich die Niedergrafschaft Katzenellenbogen mit
Rheinfels und St. Goar. 4) Der jüngste Sohn Georg erhielt gleichfalls ohngefähr
den achten Theil, nämlich die Obergrafschaft Katzenellenbogen mit Darm-
stadt.
So war denn das hessische Land von Philipp, „da seine Söhne nicht, so wie
er fürs Beste hielt, mit einander haushalten und das Land gemeinschaftlich
besitzen wollten“, in vier Theile getheilt worden; doch bestand ausser dem, was
ungetheilt blieb, wie namentlich die Universität und das Hofgericht zu Mar-
burg, das Gesammtarchiv und die Stifter Kaufungen und Wetter, immer noch
das gemeinsame Band gleicher Abstammung, welches die Glieder des Fürsten-
hauses wie des Volkes vereinigte. Zudem blieben in den allgemeinen Landtagen,
in den unzertrennlichen Sammtbelehnungen und in den gemeinsamen kirchlichen
1) Beck, hessisches Btastsrecht, zweites Buch 8. 48.
» Rommel Bd. IV 8. 884.
8) Urkundenbuch Nr. II.
4) Pbilipps Testament beweist, wie schwer selbst staatsmännisch hochbegabte Fürsten sich da-
sum Gedanken der durch die Staatseinheit nothwendig geforderten Untheülbarkeit und Individual-
succession erheben konnten. Wie gerade bei den evangelischen Fürsten auch religiöne Bedenken
die Einführung der Erstgeburt sprachen, habo ich anderwärts nachgewiesen (Rocht der Erst-
geburt 8. 838).