Full text: Die Hausgesetze der regierenden Deutschen Fürstenhäuser. Zweiter Band: Hessen, Lippe, Mecklenburg, Reuß, Oldenburg. (2)

18 
an Kassel bleibend abzutreten. Erst dadurch wurde die marburgische Successions- 
angelegenheit in einer, den Hausgesetzen, besonders dem Testament Philipp’s des 
Grossmüthigen von 1562 und dem Brüdervergleich von 1567, entsprechenden Weise 
erledigt. 
Durch dieses letzte gemeinsame Hausgesetz wurde das staats- 
rechtliche Verhältniss der beiden Linien gegeneinander, sowie 
ihr Besitzstand bleibend geordnet. Da dieser Fried- und Einigkeits- 
recess noch beut zu Tage ein wichtiges Fundament des gemeinsamen hessi- 
schen Staats- und Fürstenrechts ist („basis est hoc pactum jurium utriusque 
stirpis et Casgellanae et Darmstadinae“)'), so findet derselbe in dem Urkunden- 
buche seine Stelle (Urkundenbuch Ne. IV). Ein beabsichtigter neuer gemein- 
samer Haus- und Staatsvertrag, dessen Nothwendigkeit im J. 1816 aus- 
drücklich anerkannt wurde, ist nicht zu Stande gekommen. 
IV. Die hessenkasselsche Linie vom Jahr 1567 bis zur Einverleibung Hessen - Kansels 
In den preussischen Stasi Im Jahre 1866. 
Die Primogenitur in der von Wilhelm IV., (F 1592) ältestem Sohne Philipp’s 
des Grossmüthigen ausgehenden kasselschen Linie beruht auf dem bereits er- 
wähnten Vertrage zwischen Landgraf Wilhelm V. zu Hessen-Kassel und I.and- 
graf Georg II. zu Hessen-Darmstadt vom 24. Sept. 1627. Dieser Vertrag wurde 
vom Kaiser bestätigt. Am 8. Juni 1628 wurde vom Kaiser für Hessen-Kassel 
in Beziehung auf den erwähnten Vertrag ein besonderes Primogeniturdiplom aus- 
gefertigt?). Es wird darin festgesetzt: „Dass zu jeder Zeit nur ein einziger re- 
gierender Landesfürst und Herr aus der ältesten Geburtslinie posterirend in der 
fürstlich hessen-kasselschen Linie sein und nach den Rechten der Erstgeburt 
admittirt werden solle.“ Dabei wird dem Erstgeborenen die Pflicht auferlegt: 
„Dass solcher der Primogenitur fähige Fürst die anderen Fürsten nach billigem 
Dingen und Ermessen und wie es bei andern fürstlichen Häusern im heil. Reiche, 
so das Recht der Erstgeburt haben, gebräuchlich ist, ablege und sich mit den- 
selben abfinde.“ Mit der Einführung der Primogenitur wurde es nöthig, Vor- 
sorge für die Apanagirung der sechs nachgeborenen Söhne des im J. 1627 die 
Regierung niederlegenden Landgrafen Moritz zu treffen und Bestimmungen über 
das ganz neue Rechtsverhältniss zwischen dem regierenden Herrn Wilhelm V. und 
den apanagirten Prinzen, seinen jüngeren Brüdern, zu treffen. Dies geschah 
durch einen Hausvertrag vom 12. Febr. 1627 °), welcher verfügt: „dass dem Erst- 
1) Estor, jus publicum p. 28. 
3%) Lünig, Part. spec. cont. II unter liessen 827—838;; auch in der Denkschrift „Die Rechte 
des Kurhauses Hessen auf die Verlassenschaft des Landgrafen Viktor Amadeus“. Anl. V 8. 31—34 
Urkundenb. VII. 
8) Dieser Vertrag vom 13%. Febr. 1637 ist abgedruckt in der authentischen, von landgräflich 
hessen -rothenburgischer Seite im J. 1774 veranstalteten Sammlung der Verträge zwischen liessen- 
Kassel und Ilessen-Rothenburg; auch in der Denkschrift ,,Die Rochte des Kurhauses Ilesseu an Jder 
Verlassenschaft des Landgrnfen Viktor Amadeus“. Anl. V 8. 25-30. Urkaondenb. VI.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.