58 Einleitung.
§. 50. Er muß aber zugleich diesen vermeintlichen Mangel der Gesetze dem Chef
der Justiz sofort anzeigen.
§. 51. Sollte durch dergleichen Anzeige in der Folge ein neues Gesetz veranlaßt
werden, so kann dasselbe doch auf die vorher schon gültig vollzogenen Handlungen kei-
nen Einfluß haben ").
§. 52. Betrifft die Frage ein Provinzialgesetz, Statut, oder Privilegium, so
muß, ehe die Sache der Gesetzkommission vorgelegt wird, das Gutachten der Provin-
zial -Landeskollegien und des Justizdepartements darüber erfordert werden?).
S6. 53. Wo kein Provinzkal-Landesgeset. oder andere dergleichen besondere Be-
gummng vorhanden ist, hat es allemal bei den Vorschriften des A.L. R. sein Bewen-
n.
§.54.Privilegien«s)undverlieheneeriheitenmüssen,inzweifelhaftenFäli
len, so erklärt werden, wie sie am wenigsten zum Nachtheile des Dritten gereichen).
nach den Borschristen des A. L. R. begründen dürfe, obgleich der Beklagte denselben nicht unterworfen;
und daß es Sache des Brllaguen sei, eimwandsweise das fremdländische Recht aufzulegen und zu doci-
ren; vielmehr genügt zur Abwehr einer solchen Klage der Einwand, daß das A. L.N. nicht Anwen-
dung finde und daß die Be ründung. nach den Vorschrifteu des anzuwendenden Rechts nicht dargelegt
sei. Nur die Unanwendbarkeit des N. L.R. hat der Beklagte darzuthun; geschieht dies, so genügr das
bloße Bestreiten des der Klage zum Grunde gelegten Rechtsgrundsatzes, indem derselbe durch Bern-
sung auf das ausgeschlossene Landrecht nicht erwiesen werden kann. Vergl. Übrigens das Erk. des
Obertr. v. 17. Jan. 1856 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XIX, S. 284).
66) Die Voraussetung ist eine Lücke in der Gesetzgebung, welche durch ein neues Gesetz ausge-
füllt wird. Dieser §. und §. 15 haben also verschiedene Beziehungen.
67) Eine Anweisung, die den Richter nicht angeht und den Gesetzgeber nicht bindet.
68) Die Vorschrift bezieht sich auf die Auslegung und auf die Lückenhaftigkeit des Provinzial=
rechts. Sie ist nicht so aufzufassen, daß ein dunkles Provinzialgesetz nach den allgemeinen Grundsätzen
des L.N. ausgelegt oder ganz bei Seite gestellt und durch die Vorschriften des L. R. ersetzt werden soll,
vielmehr muß jedes Provinzialgesetz aus sich selbst ausgelegt werden. Findet sich kein Gesetz, d. h.
tritt der Fall des §. 49 ein, so ist zu unterscheiden. Kommt die Frage in einem provinzialrechtlichen
Institute vor, so muß die Lücke aus der Provingialgesetzgebung über dasselbe analogisch ergänzt wer-
den. Vergl. Entsch, des Obertr. Bd. XVI. S. 311. Emtwickelt sich aber in einer Irobim ein neues
Institut, 4. fällt dasselbe dem gemeinen Rechte anheim, d. h. die Vorschrift dieses §. 53 kommt zur
Anwendung.
682) (4. A.) Der Begriff eines Privilegii paßt nicht auf die Uebertragung einer zum Staatsein-
kommen gehörigen Eiunahme auf eine Stadtgemeinde. Pl.-Beschl, des Obertr. vom 8. Januar 1855
(Entch. Bd. XXIX, S. 334).
(5. A.) Streitigkeiten darüber: ob ein behauptetes Privilegium wirklich bestehe, oder nicht, und
welche Folgen erent. daraus herzuleiten seien, müssen im Rechtswege entschieden werden. Erk. des
Komp.-Gerichtsh. vom 11. Juni 1864 (J. M. Bl. S. 380).
69) Jedes Privilegium wird stillschweigend aus Recht oder Unrecht, unbeschadet der Rechte
eines besser Beanrechtigten, ertheilt; und dem berechtigten Drimen bleibt die rechtliche Ausführung sei-
nes besseren Rechtes unbenommen. In diesem Falle muß der neu Privilegirte soweit zurückstehen, daß
der besser Berechtigte in seinem Rechte bleibt. Vergl. S5. 68 und 95 der Einl.; Enisch. des Obertr.
Bd. XVIII, S. 334. Hat das Recht des ölter Bercchtigten nicht die Eigenschaft der Ausschließung, so
soll doch das neue Privilegium, im Zweifel, so erklärt werden, wie der Dritte am wenigsten Nachtheil
leidet. Auf diesen Fall also bezieht sich die Auslegungsregel; außerdem darf der Dritte gar keinen
Nachtheil haben. Deun ein Privilegium, welches dem Rechte eines Dritten schadet, gilt für erschlichen
odek für sob- et obreptitie emanirt, wie Müller, Prompiuar. VI, p. 3, n. 3, sich auedrückt, welcher
bei den hier gegebenen Regeln Über Auslegung der Privilegien benutzt worden ist. (Gesetzrev. Einl.
S. 121, 122.) In gleicher Weise schreibt das Obertr. a. a. O. dem Dritten die erceptio ob- oder
zubreptionis zu. — (5. A.) M. vergl. aus der vorlandrechtlichen Zeit: Jo. Gothofred. Sehaum-
burg. Prof. juris Jenensis, de natura Privilegiorum, tam gratiosorum, quam conventionalium, ex
Fgenvinis principlis exhibits. Jense 1736. Aus der Literatur nach Erscheinung des Landrechts ist
hervorzuheben: Thcoph. Hufeland, Prof. juris zu Jena, Abhandlung Üüber veränderte allgemeine
Ansicht der Lehre von den Privilegien (in dessen Abhandlungen aus dem Civilrecht; als erläuterndes
Handbuch zu seinem Lehrbuche, 1. Bd. Giessen 1814 Nr. III, S. 209 ff. Auch unter dem Titel:
Ueber den eigenthümlichen Geist des Römischen Rechts im Allgemeinen und im Einzelnen, mit Ver-
gleichungen neuer Gesetzgebungen; in einer Reihe von Abhandlungen.)