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gleich öffentlichen Zwecken dienendes Vermögen, in seiner rechtlichen Natur nicht
unverändert bleiben. Eine Erklärung desselben zum reinen Privatfideikommiss,
eine Entkleidung seines staatsrechtlichen Charakters würe ein offenbares Unrecht
gegen das hessische Land gewesen und hätte die Regierung wesentlicher Attribute
beraubt. Auf der anderen Seite sprachen aber auch Rechtsgründe dafür, dem kur-
fürstlichen Hause, dessen Privatvermögen entschieden mit in diesem Hausfidei-
kommiss enthalten war, ein Surrogat des ihm mit Wegfall seiner Landeshoheit
nicht mehr zu belassenden Hausfideikommisses zu gewähren. Jedenfalls war
eine Neuordnung des ganzen Verhältnisses, dessen Voraussetzun-
gen mit der Entsetzung des bisherigen Regentenhauses wegge-
fallen waren, auf staats- und völkerrechtlichem Wege nothwen-
dig. Diese konnte nur von dem neuen Inhaber der Staatsgewalt
ausgehen und entzog sich als ein Souveränetätsakt jeder civil-
rechtlichen Beurtheilung. Diesen Standpunkt nimmt der Stettiner Ver-
trag vom 17. Sept. 1866 zwischen dem Könige von Preussen und dem ehe-
maligen Kurfürsten von Hessen ein, welcher in $. 2 bestimmte: „S. Maj. der Kö-
nig von Preussen erkennen bezüglich des kurfürstlichen Familienfideikommisses
und zwar insbesondere bezüglich a) des Hausschatzes, b) der durch die Hof-
dotation vom J. 1831 als zum unveräusserlichen Familienfideikommiss des Kur-
hauses gehörig aufgeführten Immobilien, Mobilien und Berechtigungen, c) des
durch anderweitige hausgesetzliche Bestimmungen konstituirten fideikommissari-
schen Vermögens jeder Art das lebenslängliche Recht S. K. H. des Kurfürsten
auf die Nutzniessung an und werden denselben nie ein Hinderniss in den Weg
legen, soweit nicht die Erreichung der Staatszwecke und politische
Rücksichten entgegenstehen!).“ Durch verschiedene Verordnungen wurde
die Verwaltung des Hausfideikommisses und des Hausschatzes königlichen Behör-
den unterstellt, die ihre Weisungen lediglich vom königlichen Administrator des
Kurfürstenthums zu empfangen haben sollten. Dass jene Belassung der Renten
des Hausfideikommisses an den Kurfürsten nur eine lebenslängliche Kon-
cession enthalte, wurde durch Erlass vom 25. Sept. 1867 ausdrücklich ausge-
sprochen, worin S. Maj. der König von Preussen verordnete: „Nachdem durch
den Vertrag vom 17. Sept. 1866 das lebenslängliche Recht des Kurfürsten Fried-
rich Wilhelm auf die Nutzniessung des kurfürstlich hessischen Familienfideikom-
ınisses anerkannt worden ist, will ich über den Bezug der Einkünfte
dieses Fideikommisses nach dem Ableben Sr. Königl. Hoheit die
Beschlussnahme mir bis auf Weiteres vorbehalten.“ So wurde die Ver-
fügung über das kurfürstliche Hausfideikommiss lediglich der Allerhöchsten könig-
lichen Entschliessung vorbehalten, wenn man auch eine den Verhältnissen ent-
sprechende Entschädigung des entsetzten Regentenhauses für angemessen und
rechtlich geboten hielt. Wie bekannt, ‚waren politische Rücksichten später der
Grund, das gesammte Vermögen des Kurfürsten und somit auch die durch den
1) Der Stettiner Vertrag, sowie die anderen einschlagenden Urkunden finden sich abgedruckt
in der erwähnten Denkschr. Anl. K u. L.