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Ludwig VIO. folgte sein Sohn Ludwig IX. (1768—1790), welcher schon im J.
1736 seinem mütterlichen Grossvater in der Grafschaft Hanau-Lichtenberg suc-
cedirt war. Unter seinem Sohne Ludwig X. (als Grossherzog Ludwig 1.) 170 —
1830 vollzogen sich die grössten staatlichen Umgestaltungen der Neuzeit, welche
auch auf die Schicksale von Hessen-Darmstadt bedeutsam zurückwirkten. Für
den Verlust seiner überrheinischen Besitzungen oder der Grafschaft Hanau-Lichten-
berg, für die Aufhebung seines Schutzrechtes über Wetzlar, für die Abtretung
der Aemter Lichtenau und Wildstadt an Baden, die Abtretung eines Restes an
der niedern Grafschaft Katzenellenbogen oder der Aemter Katzenellenbogen, Brau-
bach, Embs, Kleeberg und Eppstein an Nassau erhielt Ludwig X durch den Reichs-
deputationshauptschluss von 1803 8.7 das Herzogthum Westfalen mit Zu-
behören, namentlich Volkmarsen, sammt den im Herzogthum befindlichen Abteien,
Kapiteln, Klöstern, ferner die kurmainzischen Acmter Gernsheim, Bensheim, Hep-
penheim, Lorsch, Fürth, Steinheim, Alzenau u. s. w., ferner die mainzischen, auf
der Südseite im Darmstädtischen gelegenen Besitzungen und Einkünfte, die pfäl-
zischen Acmter Lindenfels, Umstadt und Otzberg und die Reste der Aemter Alzei
und Oppenheim, dann den Rest des Bisthums Worms, die Abteien Seeligenstadt
und Marienschloss bei Rockenburg, die Propstei Wimpfen und die Reichsstadt
Friedberg, alles unter der Bedingung, die Deputatgelder des Landgrafen von
Hessen-Homburg um den vierten Theil zu vermehren.
Im J. 1806 trat der Iandgraf von Hessen-Darmstadt dem neugebildeten
Rheinbund bei, wodurch sein Gebiet ebenfalls eine bedeutende Vergrösserung er-
fuhr. Aus der alten reichsständischen Landgrafschaft wurde nun das souve-
raine Grossherzogthum Hessen-Darmstadt, abermals erweitert etwa um
ein Viertel seines Länderumfangs durch die Unterwerfung vieler kleiner Reichs-
stände und Reichsritter. Durch Patent vom 13. August 1806 wurden die hessen-
darmstädtischen Lande zu einem souverainen Grossherzogthum erhoben. Dagegen
schloss sich Grossherzog Ludwig I. durch Vertrag vom 5. Nov. 1813 der deutschen
Sache an und trat 1815 dem neugebildeten deutschen Bunde bei, in welchem das
Grossherzogthum Hessen die neunte Stelle einnahm. Bei dieser Gelegenbeit fanden
neue Territorialveränderungen statt. Der Grossherzog erhielt für die Abtretung
des Herzogthums Westfalen und der Besitzungen der Fürsten von Wittgenstein
und Berleburg an Preussen die jetzige Provinz Rheinhessen, worauf derselbe den
Titel eines Grossherzogs von Hessen und bei Rhein annahm. Für dieses
so aus den verschiedensten Bestandtheilen zusammengesetzte Grossherzogthum
Hessen wurde die Verfassungsurkunde vom 17. Dec. 1820 verkündigt, welche in
der Staatsgeschichte des neugebildeten Grossherzogthums eine neue Epoche bildet.
In der Verfassungsurkunde Art.5 wurden die alten Grundsätze des hessischen
Fürstenrechtes bestätigt: „Die Regierung ist in dem grossherzoglichen Hause
erblich nach Erstgeburt und Linealfolge, vermöge Abstammung aus ebenbürtiger,
mit Bewilligung des Grossherzogs geschlossener Ehe. In Ermangelung eines durch
Verwandtschaft oder Erbverbrüderung berechtigten Prinzen geht die Regierung
auf das weibliche Geschlecht über. Hierbei entscheidet Nähe der Verwandtschaft
mit dem letzten Grossherzoge, bei gleicher Nähe das Alter. Nach dem Ueber-