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B.
I. Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Art. 37.
Militärstrafgerichtsordnung und die Verordnung über die Ehrengerichte vom 20. Juli 1843.
Weitere reicsrechtliche Bestimmungen sind:
Reichsmilitärgesetz. Vom 2. Mai 1874 (Reichs-Gesetzbl. S. 45).
§ 39 Abs. 1.
Die besondere Gerichtsbarkeit über Militärpersonen beschränkt sich auf Straf-
sachen und wird durch Reichsgesetz geregelt.
Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetze. Vom 24. Ja-
nuar 1877 (Reichs Gesepor. S. 77).
§ 7.
Die Militärgerichtsbarkeit werden durch das Gerichtsverfassungs-
gesetz nicht berührt.
Das materielle Strafrecht ist bereits einheitlich geregelt in dem Militärstrafgesetzbuch für
das Deutsche Reich vom 20. Juni 1872 (Reichs-Gesetzbl. S. 174) mit Einführungsgesetz
von demselben Datum (Reichs-Gesetzbl. S. 173). Neben demselben sind in Kraft ge-
blieben die Vorschriften über die Bestrafung der von Landgendarmen begangenen straf-
baren Handlungen, sowie die Vorschriften über die Bestrafung der Fahnflüchtigen im
Wege des Ungehorsams-(Kontumazial-) Verfahrens. Es findet Anwendung auf sämmtliche
Militärpersonen, d. h. die Personen des Soldatenstandes und die Militärbeamten.
Strafbare Handlungen, welche nicht militärische Verbrechen oder Vergehen sind, werden
nach den allgemeinen Strafgesetzen beurtheilt.
Das militärische Strafprozeßrecht ist bis jetzt nicht einheitlich geregelt. Für die
Kontingente der Bundesstaaten Bayern und Württemberg stehen daher besondere Militär-
strafproceßordnungen noch in Kraft. Für die übrigen Bundesstaaten mit Elsaß und
Lothringen gilt das Strafgesetzbuch für das Preußische Heer vom 3. April 1815, zweiter
Theil. Die Strafgerichtsordnung (Ges.-Samml. S. 329, Bundes--Gesetzbl. d. Norddeutschen
Bundes 1867 S. 229). Nach dieser, somit auch für das Preußische Kontingent maß-
gebenden Prozeßordnung sind der Militärgerichtsbarkeit unterworfen:
1. sämmtliche zum Soldatenstande gehörende Personen ohne Unterschied, einschließlich
der Personen des Beurlaubtenstandes in den Fällen der §§ 42, 68, 69, 101, 113,
126 des Militärstrafgesetzbuches;
2. die Officiere à la suite (wenn und insolange sie zu vorübergehender Dienstleistung
zugelassen sind, sowie in Bezug auf Handlungen gegen die militärische Unterordnung,
welche sie begehen, während sie die Militäruniform tragen (Einführungsgesetz zum
Militärstrafgesetzbuch § 2):
die Beamten der Militärverwaltung;
alle mit Inaktivitätsgehalt entlassene oder zur Disposition gestellte Officiere;
die Militärlehrer und Zöglinge der militärischen Bildungsanstalten.
Ferner unterstehen der Militärgerichtsbarkeit die Gendarmen (Verordnung über die
anderweite Organisation der Gendarmerie vom 30. December 1820 § 11, Ges.-Samml.
1821 S. 1, und Verordnung, betreffend die Organisation der Landgendarmerie in den
neu erworbenen Landestheilen, vom 23. Mai 1867 8§15, Ges.-Samml. S. 777), wo-
gegen nach dem Gesetz, betreffend die Abänderung der Militärstrafgerichtsordnung, vom
3. Mai 1890 (Reichs-Gesetzbl. S. 63) verabschiedete Officiere der Militärgerichtsbarkeit
nicht unterworfen sind. In RKriegszeiten erstreckt sich nach den 88 155, 157, 158,
160, 161, 166 des Militärstrafgesetzbuches vom 20. Juni 1872 die Militärgerichtsbarkeit
außerdem auf alle Personen, welche sich in irgend einem Dienst- oder Vertragsverhöältnisse
bei dem kriegführenden Heere befinden oder sich sonst bei demselben aufhalten oder ihm
folgen; auf die zu dem kriegführenden Heere zugelassenen ausländischen Officiere und
deren Gefolge; die Kriegsgefangenen; auf alle Ausländer oder Deutsche, welche während
eines gegen das Deutsche Reich ausgebrochenen Krieges auf dem Kriegsschauplatze sich
einer der in den §§ 57, 58, 59 und 134 des Militärstrafgesetzbuches vorgesehenen Hand-
lungen schuldig machen; auf alle Ausländer oder Deutsche, welche in einem von Deutschen
Truppen besetzten ausländischen Gebiete gegen Deutsche Truppen oder Angehörige der-
selben oder gegen eine auf Anordnung des Kaisers eingesetzte Behörde eine nach den
Gesetzen des Deutschen Reiches strafbare Handlung ausüben; endlich auf alle Personen,
welche dienstlich an Bord eines Kaiserlichen Kriegsschiffes eingeschifft sind. Den Civil-
behörden bleibt die Untersuchung und Entscheidung der Kontraventionen gegen die
Finanz= und Polizeigesetze und gegen Jagd- und Fischereiverordnungen in dem Fall
überlassen, wenn die Kontravention in dem Gesetz nur mit Geldbuße oder Konfiskation
bedroht ist. Die Einziehung von Geldbußen, sowie im Falle Unvermögens deren Um-
SSt