Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

I. Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Art. 60. 177 
Art. 13, daß, bevor ein von einer Provinzialsynode oder von der Generalsynode 
beschlossenes Gesetz dem Könige zur Sanktion vorgelegt wird, durch eine Erklärung 
des Staatsministeriums festgestellt werden muß, daß gegen das Gesetz von Staats- 
wegen Nichts zu erinnern sei. Desgleichen in Art. 15, daß Kirchengesetze, durch 
welche neue Ausgaben zu landeskirchlichen Zwecken bewilligt werden, und die end- 
gültige Vereinbarung zwischen der Generalsynode und der Kirchenregierung über 
die Vertheilung der Umlage auf die Provinzen, sowie in Art. 17, daß Kirchengesetze, 
durch welche die Einkünfte des Kirchenvermögens oder der Pfarrpfründen zu Bei- 
trägen für kirchliche Zwecke herangezogen werden, der Zustimmung des Staats- 
ministeriums bedürfen, bevor sie dem Könige zur Sanktion vorgelegt werden. Den 
Art. 13 und 15 entsprechende Vorschriften enthalten die Art. 23, 24 des Gesetzes, 
betreffend die evangelische Kirchenverfassung in der Provinz Schleswig-Holstein und 
in dem Amtsbezirke des Konsistoriums zu Wiesbaden, vom 6. April 1878 (Ges.= 
Samml. S. 145); Art. 12, 13 des Gesetzes, betreffend die Kirchenverfassung der 
evangelisch-reformirten Kirche der Provinz Hannover, vom 6. August 1883 (Ges.= 
Samml. S. 295); Art. 10, 11 des Gesetzes, betreffend die Kirchenverfassung der 
evangelischen Kirche im Bezirke des Konsistoriums zu Kassel, vom 19. März 1886 
(Ges.-Samml. S. 79). Außerdem hat das Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes, be- 
treffend die evangelische Kirchenverfassung in den acht älteren Provinzen der Mo- 
narchie, vom 3. Juni 1876 (Ges.-Samml. S. 125), vom 19. Mai 1891 (Ges.= 
Samml. S. 64) in Art. I. verordnet, daß die Berliner vereinigten Kreissynoden 
zur Aufnahme von Anleihen, sowie zur Ausschreibung solcher allgemeinen Umlagen 
der Genehmigung des Staatsministeriums bedürfen, welche zur Verzinsung und 
Abtragung von Anleihen oder zur Gewährung von Beihülfen an ärmere Parochien 
Behufs Befriedigung dringender kirchlicher Bedürfnisse bestimmt sind und zehn 
Prozent der Summe der von den pflichtigen Gemeindegliedern jährlich an den 
Staat zu entrichtenden Personalsteuern übersteigen. 
14. Durch die beiden Gesetze, betreffend Abänderungen der kirchenpolitischen Gesetze vom 
14. Juli 1880 Art. 2 und vom 21. Mai 1886 Art. 11 (Ges.-Samml. 1880 S. 285 
und 1886 S. 147) ist das Staatsministerium ermächtigt, Bisthumsverweser von 
der Leistung des Eides und dem Nachweis der persönlichen Eigenschaften mit Aus- 
nahme der Deutschen Staatsangehörigkeit zu dispensiren. - 
Vergl. Zorn Die staatsrechtliche Stellung des Preußischen Gesammtministe- 
riums, 1893; v. Gneist Die verfassungsmäßige Stellung des Preußischen Gesammt- 
ministeriums und die rechtliche Natur der Königlichen Rathskollegia, 1895. 
C. Wie bereits oben S. 130, Anmerk. B. zu Art. 45 bemerkt wurde, ist die Grundordnung, 
auf welcher noch das gegenwärtige Ministerialsystem beruht, die Verordnung über die 
veränderte Verfassung der obersten Staatsbehörden vom 27. Oktober 1810 (Ges.-Samml. 
S. 3). 
An der Spitze eines jeden obersten Verwaltungsdepartements steht mit dem Titel 
Minister der Chef desselben. Er wird von dem Könige nach dessen eigener freier Ent- 
schließung, ohne den Vorschlag einer Behörde und ohne nothwendige Rücksichtnahme auf 
eine etwaige Parteimajorität im Landtage, ernannt und entlassen (Art. 45). Seine 
Wirksamkeit erstreckt sich in Betreff der ihm überwiesenen Verwaltungsgegenstände über 
die ganze Monarchie. Er verfügt an die Behörden seines Ressorts für sich allein, an 
andere nicht ohne Rücksprache und Gemeinschaft mit dem Ressortminister. Jeder Minister 
führt die ihm anvertraute Verwaltung selbstständig, unter unmittelbarer Verantwortlichkeit 
gegen den König, an welchen er zu berichten hat und von welchem er die Befehle be- 
züglich seiner Verwaltung erhält. Sämmtliche Minister stehen sich vollständig gleich, 
keiner ist dem anderen untergeordnet. Auch dem Staatsministerium ist der einzelne 
Minister selbst bezüglich der eigentlichen Beschlußsachen insofern nicht untergeordnet, kann er 
nicht gezwungen werden, sich gegen seine Ueberzeugung majorisiren zu lassen, als 
ihm bei unlösbaren Meinungsverschiedenheiten über wichtige Prinzipienfragen die Be- 
fugniß des jederzeitigen Rücktrittes vom Amte zusteht. Um diesen Rücktritt von per- 
sönlichen Bedenken freier zu gestalten, hat das Gesetz, betressend die Pensionirung der 
unmittelbaren Staatsbeamten, sowie der Lehrer und Beamten an den höheren Unter- 
richtsanstalten mit Ausschluß der Universitäten, vom 24. März 1872 (Ges.-Samml. 
S. 269) in § 1 bestimmt, daß bei Staatsministern, welche aus dem Staatsdienste aus- 
scheiden, eingetretene Dienstunfähigkeit nicht Vorbedingung des Anspruchs auf Pension ist. 
Die Minister verfügen in hhier Verwaltung selbstständig, jedoch sind folgende 
Gegenstände an die Königliche Genehmigung gebunden: 
Schwary, Preußische Verfassungsurkunde. 12
	        
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