Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

6 Einleitung. § 1. 
bruar 1808 erweitert, insbesondere waren jährliche Landtage angeordnet wor- 
den, auf welchen über allgemeine Landesangelegenheiten verhandelt werden 
sollte. Ein Edikt Friedrich Wilhelm's I. vom 13. August 1713 verbietet die 
Veräußerung der Domänen (v. Schulze, Hausgesetze Bd. 3 S. 737, beson- 
derer Abdruck S. 203). Die finanzielle Bedrängniß des Staates nöthigte 
zur Aufhebung dieses Ediktes, und dieselbe erfolgte durch das Edikt und Haus- 
gesetz vom 6. November 1809 (Ges.-Samml. 1806/1810 S. 883), bei dessen 
Erlaß die Stände der verschiedenen Provinzen, zum Theil unter Neubelebung 
des Instituts der Stände ad hoc, zugezogen wurden. Die oben (S. 4) genannte 
Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzial-, 
Polizei= und Finanzbehörden vom 26. Dezember 1808 bestimmte 
außerdem in den §§ 18, 19, 20, daß an den Geschäften der Regierungen 
landständische Repräsentanten theilnehmen sollten, um 
die öffentliche Administration mit der Nation in nähere Verbindung 
zu setzen, den Geschäftsbetrieb mehr zu beleben, die Mängel der Admini- 
stration zur Sprache zu bringen und nach ihren praktischen Erfahrungen 
und Ansichten Vorschläge zu deren Verbesserung zu machen, sich selbst 
von der öffentlichen Staatsverwaltung zu überzeugen und diese Ueberzeu- 
gung in der Nation gleichfalls zu erwecken und zu befestigen. 
Diese Repräsentanten sollten von den Provinzialständen gewählt werden 
und im Regierungskollegium volles Stimmrecht haben; ihre Zahl wurde vor- 
läufig auf neun für jede Regierung bestimmt. Nach einer Kabinetsordre 
vom 10. Juli 1809 ging die Absicht des Königs dahin, 
nicht Repräsentanten der einzelnen Stände, sondern Repräsentanten des 
Landes zu haben, die sich über das einzelne Interesse des Standes, dem ihr 
Individuum angehört, hinwegzusetzen wissen, wenn von dem Wohle des 
Ganzen die Rede ist. 
Jedoch diese Anordnung kam nur in der Provinz Preußen zur Ausführung, 
trat im Jahre 1812 thatsächlich außer Kraft und wurde durch die Verordnung 
wegen verbesserter Einrichtung der Provinzialbehörden vom 30. April 1815 
(Ges.-Samml. S. 85) auch formell beseitigt. 
Am 6. Juni 1810 trat Hardenberg als Staatskanzler an die Spitze 
der Verwaltung. Auch er empfahl eine Nationalrepräsentation, welche jedoch 
unmittelbar und allein von der Regierung ausgehen dürfe, weil sonst die für 
Preußen nothwendige monarchische Staatsform leiden würde. Das Edikt 
über die Finanzen des Staates und die neuen Einrichtungen we- 
gen der Abgaben vom 27. Oktober 1810 (Ges.-Samml. S. 31) ver- 
hies eine Nationalrepräsentation, indem der König am Schlusse desselben 
erklärte: 
Wir behalten Uns vor, der Nation eine zweckmäßig eingerichtete Re- 
präsentation, sowohl in den Provinzen als für das Ganze zu geben, deren 
Rath Wir gern benutzen und in der Wir nach Unsern landesväterlichen 
Gesinnungen, gern Unsern getreuen Unterthanen die Ueberzeugung fort- 
während geben werden, daß der Zustand des Staats und der Finanzen 
sich bessere, und daß die Opfer, welche zu dem Ende gebracht werden, 
nicht vergeblich sind. 
Gegen die Idee einer repräsentativen Verfassung und überhaupt gegen die 
ganze Hardenberg'sche Gesetzgebung erhob sich aber eine lebhafte Opposition sei-
	        
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