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I. Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Art. 97.
örde darf jedoch nicht verlangt werden.“ Die Königliche Botschaft vom 7. Januar 1850,
roposition XlI., schlug die jetzige Fassung vor. Es könne, so bemerkte sie dabei, kein
Bedenken haben, die Verfolgung nicht von der Genehmigung der vorgesetzten Dienstbe-
hörde, als gewissermaßen bei der Sache betheiligt, abhängig zu machen; dagegen werde
bei der Erlofsung des Gesetzes zu erwägen sein, ob ein Lenztrr obgleich er im Amte
gesandelt ohne Weiteres solle vor Gericht gestellt werden können, oder ob nicht in ge-
wissen Fällen die Ermächtigung einer hohen, nicht verwaltenden Behörde, etwa des
Staatsraths, erfordert werden solle, um es zu verhindern, daß die Thätigkeit der Or-
gane der Verwaltung durch vexatorische Klagen oder durch Furcht vor solchen gelähmt
werde. Hierauf einigten sich beide Kammern über die gegenwärtige Fassung des Art. 97.
Zum Zwecke des in Art. 97 vorbehaltenen weiteren gesetzlichen Ausbaues ist das
Gesetz, betreffend die Konflikte bei gerichtlichen Verfolgungen wegen Amts-- und Dienst-
handlungen, vom 13. Februar 1854 (Ges.-Samml. S. 86) erlassen, welches, unter Her-
enn des Gesetzes über das Verfahren bei Kompetenzkonflikten zwischen den Ge-
ri
n Kammer beschlossenen ferneren Sat- „Eine vorgängige Genehmigung der Be-
ten und Verwaltungsbehörden vom 8. April 1847, die Entscheidung über den Kon-
flikt dem Gerichtshof zur Entscheidung der Kompetenzkonflikte übertrug. Es ist eingeführt:
in die durch die Gesetze vom 20. September und 24. Dezember 1866 der
Monarchie einverleibten Landestheile durch die Art. IV., VI. der mehrfach erwähnten
Verordnung vom 16. September 1867 (Ges.-Samml. S. 1515);
in das Jadegebiet durch § 2 des Gesetzes, betreffend den Rechtszustand des
Jadegebietes, vom 23. März 1873 (Ges.-Samml. S. 107);
in dem Kreis Herzogthum Lauenburg durch § 3 des Gesetzes, betreffend die
Ausdehnung verschiedener Preußischer Gesetze auf den Kreis Herzogthum Lauenburg,
vom 25. Februar 1878 (Ges.-Samml. S. 97);
in Helgoland durch § 1 II. 4 der Verordnung, betreffend die Einführung
Krußisiter Landesgesetze in Helgoland, vom 22. März 1891 (Ges.-Samml. S. 39),
so daß sich sein gegenwärtiger Geltungskreis mit dem Umfange der Monarchie deckt.
Das Gesetz vom 13. Februar 1854 war unverkennbar von einem doppelten Ge-
danken getragen. Zunächst wollte es die Thätigkeit der Verwaltungs-, insbesondere
der Polizeibehörden der Kontrole durch die von den Ministern unabhängigen Gerichte
entziehen. Es müsse, so hieß es, vermieden werden, auf dem Wege der Klage vor den
Gerichten die Staatsverwaltung den Letzteren unterzuordnen. Werde den Gerichten allein
und unbedingt die Beurtheilung der Frage eingeräumt, ob ein Beamter durch eine
Amtshandlung ein Strafgesetz oder Privatrechte verletzt und sich dadurch verantwortlich
emacht habe, so werde dadurch nicht nur die Autorität der Verwaltung erschüttert,
pondern auch die Beurtheilung einer Verwaltungsfrage, insoweit aus der Beantwortung
die Motive zu den oft dringenden, durch überwiegende Gründe des öffentlichen Wohles
veranlaßten Amtshandlungen zu schöpfen seien, bis in die höchsten Kreise der Verwaltung
Hinau lediglich der Entscheidung der Richter anheimgegeben und die Aufrechterhaltung
taatlicher Ordnung der Geltung privatrechtlicher Erwägung subordinirt. Zum zweiten
wollte das Gesetz die Verwaltungsbeamten und auch hier wiederum insbesondere die
Polizei- und Exekutivbeamten gegen die Möglichkeit sichern, daß sie wegen Ueberschreitung
hrer amtlichen Befugnisse von den durch ihre Amtshandlungen Betroffenen durch Civil-
agen, Strafanträge und Strafanzeigen zur Verantwortung gezogen würden. Daher
wird die Erhebung von Cioilprzesßen gegen Beamte einer früher nicht gekannten Be-
schränkung unterworfen. Ferner soll allerdings eine besondere Behörde über die Zulässig-
keit oder Unzulässigkeit des Rechtsweges entscheiden, aber die vorgesetzte Dienstbehörde
ist stets in der Lage, den Rechtsgang durch Aurufung dieser Entscheidung beliebig zu
unterbrechen, und die Entscheidung selbst ist nicht durch bestimmte Rechtsnormen um-
renzt, sondern in das subjektive Ermessen, wie früher der vorgesetzten Dienstbehörde,
62 jetzt des Gerichtshofes zur Entscheidung der Kompetenzkonflikte darüber verstellt, ob
sich der Fall zur gerichtlichen Verfolgung eigne. Dabei hat die schon früher vorhandene
Einengung der strafrechtlichen Inanspruchnahme der Beamten noch eine weitere Ver-
schärfung insofern erfahren, als die Initiative bei Einleitung von Untersuchungen über-
haupt nicht mehr bei den Gerichten liegt, sondern in Folge der Veränderung des Straf-
prozesses ohne subsidiäre Privatklage, also mit einem Anklagemonopol der Staatsan-
waltschaft, auf diese Behörde, welche ihren letzten Ausläufer im Justizminister hat,
übergegangen ist.
Das Gesetz vom 13. Februar 1854 widersprach allerdings nicht geradezu dem
Wortlaute des Art. 97. „Aber“, wie es in einem Gutachten des Kompetenzgerichtshofes