Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

Einleitung. 81. 11 
22. Mai 1815, noch Art. 13 der Deutschen Bundesakte eine Zeit bestimme, 
wann die landständische Verfassung eintreten solle, daß die Wahl dieses Zeit— 
punktes der freien Entscheidung des Landesherrn vorbehalten bleiben müsse, 
welchem unbedingt zu vertrauen sei, und daß er, der König, sich nicht durch 
unzeitige Vorstellungen in seinen Entschlüssen über Erfüllung der Zusagen in 
Betreff der Verfassungsangelegenheit werde übereilen lassen. Gleichwohl hielt 
der König an der Absicht fest, dem Lande, wie es in einer an das Staats- 
ministerium gerichteten Kabinetsordre vom 11. Januar 1819 hieß, „eine an- 
gemessene ständische Verfassung zu geben.“ Gleichfalls am 11. Januar 1819 
wurde W. v. Humboldt zum Minister für die ständischen und Kommunalan- 
gelegenheiten ernannt. Derselbe konnte sein Amt aber erst am 12. August 
antreten, schied bereits am 31. Dezember wieder aus und war während dieser 
kurzen Zeit zudem in einem stillen Kampf mit Hardenberg begriffen, obgleich 
ihre Ansichten über die Verfassung sich vielfach berührten. 
Am 11. August 1819 überreichte Hardenberg dem König seinen Ver- 
fassungsentwurf, betitelt „Ideen zu einer landständischen Verfassung in Preu- 
ßen“. Als „nächstes dringendes Bedürfniß“ bezeichnete er in demselben eine 
zweckmäßige Gemeindeordnung und verlangte Kreistage, durch Wahl aus dem- 
selben hervorgehende Provinziallandtage und einen wiederum durch Wahl aus 
dem letzteren hervorgehenden Allgemeinen Landtag, welcher keine eigene Ver- 
waltung habe, sondern lediglich jährliche Uebersichten über den Gang der 
Verwaltung, vornehmlich über den Stand der Finanzen, von den Ministern 
erhalten und die neuen Gesetze für die gesammte Monarchie berathen sollte. 
Alles wird, so schloß der Entwurf, 
dahin gerichtet sein müssen, daß das monarchische Prinzip recht befestigt 
werde, mit dem wahre Freiheit und Sicherheit der Person und des 
Eigenthums ganz vereinbar sind und durch solches am Besten und dauer- 
haftesten mit Ordnung und Kraft bestehen. Und der Grundsatz werde 
aufrecht erhalten: salus publica suprema lex esto! 
Zur Berathung dieses Entwurfs ordnete eine Kabinetsordre vom 23. August 
die Bildung eines Ausschusses aus der Staatsrathskommission an, welchem 
auch Hardenberg und Humboldt angehörten. Diese engere Kommission be- 
schloß „zuvörderst einen allgemeinen Plan über das Ganze der ständischen 
Einrichtungen ohne alles Detail zu entwerfen, nach diesem zu der Kommu- 
nalordnung, dann zu der kreisständischen und provinzialständischen und endlich 
zu der allgemeinen reichsständischen Verfassung überzugehen." 
War auch, wie die kontrahirenden Deutschen Staaten ausweislich der 
Konferenzprotokolle selbst anerkannt hatten, die Fassung des Art. 13 der 
Deutschen Bundesakte eine unvollkommene, so lag es doch im Sinne der 
Bundesakte, die landständische Verfassung dergestalt für eine nothwendige Ein- 
richtung in allen Bundesstaaten zu erklären, daß da, wo alte Verfassungen 
bestanden, diese wenigstens erhalten und, wo sich keine fanden, neue begründet 
werden sollten, nicht aber die Einführung derselben in die Willkühr der 
Deutschen Fürsten zu stellen. Hiermit stimmten eine Reihe von Verhandlun- 
gen und Beschlüssen der Bundesversammlung in den ersten Jahren völlig 
überein. Seit dem Jahre 1819 und dem Karlsbader Kongreß wurde aber 
die Lehre von einem Gegensatze zwischen ständisch und repräsentativ mit der 
Folgerung maßgebend, daß die Bundesakte, wenn sie landständische Verfassun-
	        
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