Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

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I. Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Art. 99. 
Gebrechen oder wegen Schwäche der körperlichen oder geistigen Kräfte zur Erfüllung 
seiner Amtspflichten dauernd unfähig ist, ohne selbst feine Versetzung in den Ruhe- 
stand nachzusuchen. Hat der Beamte das fünfundsechzigste Lebensjahr bereits voll- 
endet, so kann seine Versetzung in den Ruhestand in der nämlichen Weise verfügt 
werden, wie wenn er seine Pensionirung selbst beantragt hätte. Bei denjenigen 
Beamten, welche durch den König zu ihren Aemtern ernannt worden sind, ist die 
Genehmigung des Königs zur Versetzung in den Ruhestand erforderlich. 
Diese Bestimmungen finden nicht Anwendung auf die Universitätslehrer und die 
mittelbaren Staatsbeamten. In Bezug auf die Penstonikung der Letzteren, insbesondere 
der Gemeindebeamten, gelten besondere Vorschriften; sie können aber, wenn sie vor dem 
Eintritt ihrer Pensionsberechtigung dienstunfähig geworden sind, gegen ihren Willen 
nur unter den für die unmittelbaren Staatsbeamten vorgeschriebenen Formen in den 
Ruhestand versetzt werden. Universitätslehrer haben Anspruch auf Pension nur, wenn 
ihnen dieselbe bei der Anstellung speziell zugesichert ist. 
Titel VIII. 
Von den Finanzen. 
Artikel 99. 
Alle Einnahmen und Ausgaben des Staats müssen für jedes 
Jahr im Voraus veranschlagt und auf den Staatshaushaltsetat ge- 
bracht werden. 
A. 
B. 
Letzterer wird jährlich durch ein Gesetz festgestellt. 
Die Kabinetsordre, betreffend den Staatshaushalt und das Staatsschuldenwesen, vom 
17. Januar 1820 (Ges.-Samml. S. 21) gebot die „endliche Regulirung des Staatshaus- 
haltsetats“ und befahl, daß der zu entwerfende Hauptfinanzetat nach erfolgter Prüfung 
und Feststellung zur öffentlichen Kenntniß kommen, auch mit dieser Kundmachung von 
drei zu drei Jahren fortgefahren werden solle. Demgemäß wurde durch die Kabinets- 
ordre vom 7. Juni 1821 (Ges.-Samml. S. 48) der „allgemeine Etat der Einnahmen 
und Ausgaben für den gewöhnlichen Staatsbedarf in dem Jahre 1821“ festgestellt, das 
Staatsministerium angewiesen, darnach in allen Verwaltungszweigen zu verfahren, und 
der Etat publizirt. Weitere Etatspublikationen erfolgten, allerdings in unvollständigem 
Umfange, für die Jahre 1829, 1832, 1835, 1838, 1841, 1844, 1847. Die Verordnun 
über die Bildung des Vereinigten Landtages vom 3. Februar 1847 (Ges.-Samml. S. 38 
sicherte zu, daß dem Vereinigten Landtage der Hauptfinanzetat und eine Uebersicht des 
Staatshaushaltes für die Zeit von einer Versammlung zur andern zur Information 
vorgelegt werden solle, behielt aber die Feststellung des Etats, sowie die Verfügung 
über die Verwendung der Staatseinnahmen und Ueberschüsse der Krone vor. Dagegen 
gestand das Gesetz über einige Grundlagen der Preußischen Verfassung vom 6. April 
1848 86, (oben S. 23) „den künftigen Vertretern des Volkes jedenfalss die Zustimmung 
zu allen Gesetzen, sowie zur Feststellung des Staatshaushaltsetats, und das Steuerbe- 
willigungsrecht" zu. In Gemähßheit dieses Versprechens hat Art. 98 der oktroyirten 
Verfassungsurkunde vom 5. Dezember 1848 und mit ihm gleichlautend Art. 99 der 
jetzigen Verfassungsurkunde verordnet, daß 
1. alle Einnahmen und Ausgaben des Staates für jedes Jahr im Voraus veran- 
schlagt und auf den Staatshaushalt gebracht werden; 
2. daß der Staatshaushaltsetat jährlich durch ein Gesetz festgestellt wird. 
Die Verordnung, betreffend die veränderte Verfassung der obersten Staatsbehörden, vom 
27. Oktober 1810 (Ges.--Samml. S. 3) erklärte die Genehmigung des Königs für er- 
forderlich für alle Hauptetats und alle Ausgaben, die nicht in den Etats bestimmt oder 
für die den Ministern und Departementschefs nicht besondere Dispositionsfonds bewilligt 
waren. Die Kabinetsordre, betreffend einige anderweitige Bestimmungen wegen Ver- 
waltung der Ministerien, namentlich wegen Eintheilung des Finanzministerii in drei 
Departements, vom 24. April 1812 (Ges.-Samml. S. 43) ordnete für das Finanz-
	        
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