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I. Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Art. 103.
werden für jedes Jahr durch den Etat festgestellt und sind, wenn die der Staats-
schuldentilgungskasse überwiesenen besonderen Staatseinnahmen nicht ausreichen,
von dem Finanzminister auf die bereitesten Staatseinkünfte anzuweisen;
4. für die unverkürzte Verwendung der Domänenveräußerungs= und Ablösungsgelder
zur Schuldentilgung;
5. für die Löschung, Kassation und Aufbewahrung der eingelösten verzinslichen und
unverzinslichen Staatsschulddokumente bis zur gänzlichen Vernichtung derselben;
6. dafür, daß die im Staatsschuldbuche eingetragenen Forderungen und die. noch um-
laufenden Schuldverschreibungen der konsolidirten Anleihen zusammen den gesetzlich
festgestellten Betrag der letzteren nicht überschreiten (Gesetz, betreffend das Staats-
schuldbuch, vom 20. Juli 1883, § 23, Ges.-Samml. S. 120);
7. für die Löschung, Kassation und Aufbewahrung der Behufs Eintragung der For-
derung eingereichten Staatsschuldverschreibungen bis zur gänzlichen Vernichtung
derselben (ebenda).
In allen übrigen Beziehungen hat sie den Anordnungen und Anweisungen des
Finanzministers Folge zu leisten, welchem sodann die Verantwortlichkeit obliegt.
Ueber die der Hauptverwaltung der Staatsschulden unter eigener Verantwortlichkeit
übertragenen Geschäfte wird eine fortlaufende Kontrole geübt durch die Staatsschulden-
kommission. Die Errichtung dieser Kommission ist nöthig geworden durch die Be-
stimmung des Art. 104 der Verfassungsurkunde, daß den Kammern mit der allgemeinen
Rechnung über den Staatshaushalt jeden Jahres eine Uebersicht der Staatsschulden
vorgelegt werden muß, und ist erfolgt durch das Gesetz vom 24. Februar 1850. Die
Kommission besteht aus drei Mitgliedern des Herrenhauses, drei des Abgeordnetenhauses
und dem Präsidenten der Oberrechnungskammer. Die Mitglieder des Landtages werden
von ihrer Kammer mit absoluter Stimmenmehrheit auf drei Jahre gewählt und von
dem Präsidenten in öffentlicher Sitzung unter Hinweisung auf den von ihnen als Land-
tagsmitgliedern (bezw. bereits früher als Staatsbeamten), der Präsident der Ober-
rechnungskammer in öffentlicher Sitzung des Oberverwaltungsgerichts unter Hinweis
auf den von ihm als Staatsbeamten geleisteten Amts-- und Verfassungseid auf die Er-
füllung ihrer besonderen Obliegenheiten verpflichtet (wegen des Präsidenten der Ober-
rechnungskammer siehe das Gesetz über eine Abänderung des Gesetzes, betreffend die
Verwaltung des Staatsschuldenwesens und Bildung einer Staatsschuldenkommission, vom
24. Februar 1850, Ges.-Samml. S. 57, vom 29. Jannar 1879, Ges.-Samml. S. 10).
Die Kommission wählt aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden und einen Stellvertreter
und faßt, bei einer Anwesenheit von mindestens vier Mitgliedern, ihre Beschlüsse nach
Stimmenmehrheit.
Die Kontrole wird in folgender Weise geübt.
Die Kommission erhält von der Hauptverwaltung der Staatsschulden die Monats-
und Jahresabschlüsse sowohl der Staatsschuldentilgungskasse über die zur Verzinsung
und Tilgung der Staatsschulden bestimmten Fonds, als auch der Kontrole der Staats-
papiere und hat, so oft sie es für angemessen erachtet, wenigstens aber einmal halb-
jährlich, außerordentliche Revisionen der Tilgungskasse und der Kontrole der Staats-
papiere vorzunehmen. Sie ist befugt, über Alles, was den Bestand, die Verzinsung und
Tilgung der Staatsschulden, sowie die Verwaltung der der Hauptverwaltung über-
wiesenen Fonds betrifft, von der Letzteren Auskunft zu erfordern und derselben ihre
Bemerkungen und Ansichten zur Beschlußnahme mitzutheilen. Infolge einer zwischen
der Kommission und der Hauptverwaltung am 13. Mai 1851 getroffenen Vereinbarung
(Abgeordnetenhaus 1851/52 Drucksachen Bd. IV. Nr. 175) werden die Geschäftsiournale
der Hauptverwaltung von vierzehn zu vierzehn Tagen einem deputirten Mitgliede
der Kommission zur Einsicht vorgelegt, welches dadurch in den Stand gesetzt werden
soll, dieienigen Piecen und Akten zu bezeichnen, deren Vorlegung zu näherer Kenntniß-
nahme gewünscht wird. Ferner wird der Kommission von der Hauptverwaltung für
jedes Jahr eine Uebersicht der in demselben gesetzlich zu tilgenden Staats= und Provin-
zialschuldenbeträge mitgetheilt und in den ihr zu übergebenden monatlichen Kassenex-
trakten eine Nachweisung der in dem Monate wirklich eingelösten Staats= und Provin-
zialschulddokumente gegeben. Endlich ertheilt die Hauptverwaltung über die ihr zur
Administration überwiesenen Nebenfonds der Kommission eine Uebersicht der Bestände und
vierteljährlich eine Nachweisung der dabei eingetretenen Veränderungen. Außerdem er-
hält die Kommission von der Hauptverwaltung jede gewünschte Auskunft. Durch diese
Vereinbarung ist die Kommission in den Stand gesetzt, von der gesammten Geschäfts-