Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

14 Einleitung. 81. 
Majestät, sobald die Provinzialstände organisirt sind, bei eintretenden Ver— 
anlassungen eine allgemeine landständische Versammlung hierher berufen 
können. Ohne Zweifel wird sich deren Formation und Kompetenz zweck- 
mäßiger von Ew. Majestät dann bestimmen lassen, wenn die Provinzial- 
stände schon ins Leben getreten sind, als im Voraus durch eine Urkunde. 
Der König genehmigte die Anträge der Kommission und eröffnete durch 
Kabinetsordre vom 11. Juni 1821 dem Staatskanzler, „daß das Weitere 
wegen Zusammenberufung der allgemeinen Landstände der Zeit, der Erfahrung, 
der Entwickelung der Sache und der landesväterlichen Fürsorge des Königs 
anheimgestellt bleibe."“ 
Durch Kabinetsordre vom 30. Oktober 1821 berief der König eine neue 
— fünfte — Kommission, um über die Bildung der Provinzialstände zu 
berathen. Diese Kommission, welche zum größten Theil aus den Mitgliedern 
der vorhergehenden Kommission gebildet war und in welcher der Kronprinz 
wiederum den Vorsitz führte, entwarf, indem sie eine Anzahl — etwa hundert 
— von in der Mehrzahl dem Landadel angehörenden Notabeln aus den ein- 
zelnen Landestheilen über die Zusammensetzung der Provinzialstände abhörte, 
ein allgemeines Gesetz wegen Anordnung der Provinzialstände und besondere 
Gesetze über die Provinzialstände der einzelnen Provinzen. Ihre Arbeiten 
wurden vom Könige genehmigt. 
So entstand das Gesetz wegen Anordnung der Provinzialstände 
vom 5. Juni 1823 (Ges.-Samml. S. 129), welches folgendermaßen lautete: 
Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von 
Preußen 2c. 2c. haben, um Unsern getreuen Unterthanen ein neues 
bleibendes Pfand landesväterlicher Huld und Vertrauens zu geben, be- 
schlossen, in Unserer Monarchie die ständischen Verhältnisse zu begründen, 
und deshalb Provinzialstände im Geiste der älteren deutschen Verfassungen 
eintreten zu lassen, wie solche die Eigenthümlichkeit des Staats und das 
wahre Bedürniß der Zeit erfordern. 
Eine Kommission, unter dem Vorsitze Unsers Sohnes, des Kronprinzen 
Königliche Hoheit, ist von Uns beauftragt worden, diese Angelegenheit vor- 
zubereiten, und darüber mit erfahrenen Männern aus jeder Provinz in 
Berathung zu treten. 
Auf den von derselben an Uns erstatteten Bericht verordnen Wir: 
I. Es sollen Provinzialstände in Unserer Monarchie in Wirksamkeit treten. 
II. Das Grundeigenthum ist Bedingung der Standschaft. 
III. Die Provinzialstände sind das gesetzmäßige Organ der verschiedenen 
Stände Unserer getreuen Unterthanen in jeder Provinz. 
Dieser Bestimmung gemäß werden Wir 
1) Die Gesetzesentwürfe, welche allein die Provinz angehen, zur Berathung 
an sie gelangen, ihnen auch, 
2) so lange keine allgemeine ständische Versammlungen stattfinden, die 
Entwürfe solcher allgemeinen Gesetze, welche Veränderungen in Personen= 
und Eigenthumsrechten und in den Steuern zum Gegenstande haben, 
soweit sie die Provinz betreffen, zur Berathung vorlegen lassen; 
3) Bitten und Beschwerden, welche auf das specielle Wohl und Interesse
	        
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