Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

I. Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Art. 112. 347 
A. Wie in Anm. A. zu Art. 21, oben S. 83, dargelegt ist, sind in Folge dieses Art. 112 
bis zum Erlaß des in Art. 26 verheißenen besonderen Gesetzes über das ganze Unter- 
richtswesen die Art. 21 bis 25 der Verfassungsurkunde in ihrer Geltung suspendirt, so 
daß das vor der Verfassungsurkunde bestehende Recht aufrecht erhalten ist. Wie Arndt 
zu diesem Artikel, S. 180, mit Recht bemerkt, ist die Befugniß der Ministerial- 
und Provinzialschul= und -Unterrichtsbehörden, das Schul= und Unterrichtswesen im 
Verwaltungswege, also durch Verfügungen und Instruktionen zu regeln, soweit es vor- 
her bestand, bestehen geblieben, so daß die Behörden jeder Zeit neue Normen erlassen 
können. Soweit diese Materie vorher auf gesetzlichem Wege geordnet worden ist, be- 
ziehungsweise nur auf diesem Wege hat geordnet werden dürfen, ist die Neuordnung 
nur durch das in Art. 26 verheißene allgemeine Schul= und Unterrichtsgesetz, die Re- 
gelung einzelner Verhältnisse durch ein Spezialgesetz aber nur unter gleichzeitiger Ab- 
änderung bezw. Außerkraftsetzung des Art. 112 zulässig. Hiermit stimmt die legislative 
Praxis überein. 
B. Geseg, betreffend die Anstellung und das Dienstverhältniß der rrer 
und Lehrerinnen an den öbsentlichen Volksschulen im Gebiete der Pro- 
vinzen Posen und Westpreußen. Vom 15. Juli 1886. (Ges.-Samml. S. 185, 
in Kraft getreten am 27. Juli 1886.) 
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c. ver- 
ordnen, mit Zustimmung beider Häuser des Landtages der Monarchie, für das 
Gebiet der Provinzen Posen und Westpreußen, was folgt: 
Artikel I. 
81. 
Die Anstellung der Lehrer und Lehrerinnen an den öffentlichen Volksschulen 
erfolgt, insoweit dieselbe seither nicht durch den Staat stattfindet, mit der Maßgabe 
durch den Staat, daß vor der Anstellung 
1. in Städten der Magistrat- und die Schuldeputation, sofern aber die Schulunter- 
haltungspflicht nicht der Stadtgemeinde, sondern einer oder mehreren Schul- 
gemeinden (Schulsozietäten) obliegt, statt des Magistrats der Vorstand der 
betheiligten Schulgemeinde (Schulvorstand), 
2. auf dem Lande bei Gemeindeschulen der Gemeinde-(Guts-) Vorstand, bei So- 
zietätsschulen der Schulvorstand 
darüber zu hören ist, ob Einwendungen gegen die Person des für die betreffende 
Stelle Bestimmten zu erheben sind. 
Auf Beschwerden der Anzuhörenden entscheidet der Unterrichtsminister. 
Alle hinsichtlich des Ernennungs-, Berufungs-, Wahl= und Vorschlagsrechts 
bei Besetzung von Lehrer= und Lehrerinnenstellen an Volksschulen den vorstehenden 
Vorschriften entgegenstehenden Bestimmungen treten außer Kraft. 
82. 
Die Bestimmungen des § 1 finden auf Stadtkreise und auf die Landkreise 
Deutsch-Krone, Marienburg, Rosenberg und Elbing, sowie auf die in der Provinz 
Westpreußen belegenen Städte mit mehr als 10000 Einwohnern auf Antrag der 
städtischen Vertretung keine Anwendung. 
l3. 
Der Art. 112 der Verfassungsurkunde wird, insoweit er den vorstehenden 
Bestimmungen entgegensteht, für den Geltungsbereich dieses Gesetzes aufgehoben. 
Artikel IV. 
Dieses Gesetz tritt mit dem Tage der Verkündigung in Kraft. 
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem 
Königlichen Insiegel. 
Gegeben Schloß Mainau, den 15. Juli 1886. 
(L. S.) Wilhelm. 
Fürst v. Bismarck. v. Puttkamer. Mayhbach. Lucius. Friedberg. 
v. Boetticher. v. Goßler. v. Scholz.
	        
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