Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

18 Einleitung. 81. 
ihnen berathenen Gesetzentwurf stattfanden, oder wenn in der weiteren Be— 
rathung der Gesetze in den höheren Instanzen der Legislation neue Momente 
hervortraten und der König es für angemessen erachtete, durch ständische Or— 
gane eine Ausgleichung der verschiedenen Ansichten herbeizuführen. Außerdem 
sollten die Ausschüsse ein ständisches Organ darbieten, mit dem die Regierung 
über Gegenstände berathen konnte, welche bisher in der Regel an die Provin— 
ziastande nicht gelangt waren, sofern es für gut befunden wurde, hierüber 
en Rath erfahrener Männer aus den Eingesessenen der Provinzen einzuholen. 
Endlich blieb vorbehalten, von den Ausschüssen gutachtliche Aeußerungen 
bei den ersten Vorbereitungen zu allgemein wichtigen Gesetzen einzuholen. 
Durch Kabinetsordre vom 19. August 1842 wurde eine Geschäftsordnung für 
die Versammlungen der vereinigten Ausschüsse erlassen. Ein Recht auf peri- 
odische Berufung — mindestens alle vier Jahre — erhielten die Ausschüsse 
erst durch die Verordnung über die periodische Zusammenberufung des verei- 
nigten ständischen Ausschusses und dessen Befugnisse vom 3. Februar 1847 
(Ges.-Samml. S. 40). Sie wurden, ohne daß ein zwingender Anlaß vorlag, be- 
reits auf den 18. Oktober 1842 nach Berlin berufen und beriethen bis zum 
10. November über drei ihnen von der Regierung vorgelegte Fragen. Die 
dritte Frage, ob nämlich die Ausschüsse die baldige Ausführung eines umfas- 
senden, die Provinzen unter sich und mit der Hauptstadt verbindenden Eisenbahn- 
systems für nothwendig hielten, und ob die Regierung, welche selbst keine 
Bahnen bauen wollte, den Privatbahnen eine Verzinsung des Anlagekapitals 
garantiren solle, diese Frage wurde bejaht, aber von einem Mitgliede er- 
erklärt, daß die Regierung ohne die Reichsstände keine Zinsengarantie über- 
nehmen könne. Der König wollte nun weiter gehen. Er hielt an der Ver- 
ordnung wegen künftiger Behandlung des Staatsschuldenwesens vom 17. Ja- 
nuar 1820 fest, war aber entschlossen, „den für Preußen unmöglichen konsti- 
tutionellen Weg nie zu betreten“. Er beabsichtigte die Provinziallandtage mit 
dem Rechte der Berathung über Provinzialangelegenheiten zu erhalten. Ebenso 
die Vereinigten Ausschüsse, die regelmäßig zur Berathung allgemeiner Gesetze 
zusammentreten sollten. Drittens gedachte er von Zeit zu Zeit, nach seinem 
freien Ermessen, die sämmtlichen Provinzialstände zu einem Vereinigten Land- 
tage zusammenzuberufen, der in Friedenszeiten neue Anleihen und Steuern 
zu bewilligen, vielleicht auch über einzelne allgemeine Gesetze zu berathen hätte. 
Inmitten dieses Vereinigten Landtages sollte eine Art Oberhaus bestehen, 
gemeinsam berathend mit den anderen Ständekurien, aber abgesondert beschließend. 
Zusammentreten sollte der Vereinigte Landtag zuerst 1847, aber nicht in Ber- 
lin, sondern in einer Provinzialstadt, etwa in Brandenburg. Die Ansichten 
seiner Berather gingen allerdings weit auseinander, sowohl innerhalb einer 
im Jahre 1845 zur Ausarbeitung eines Verfassungsentwurfes nach den 
Ideen des Königs eingesetzten Kommission, als auch innerhalb des seit März 
1846 gemeinschaftlich mit der Kommission mit der Beschlußfassung über den 
Entwurf betrauten Staatsministeriums, dessen Vorsitzender, der Prinz von 
Preußen, der entschiedenste Gegner des ganzen Verfassungsplanes war. „Ein 
neues Preußen“, so urtheilte der Prinz, als die definitive Entscheidung des 
Königs gefallen war, „wird sich bilden. Das alte geht mit Publizirung 
dieses Gesetzes zu Grunde. Möge das neue ebenso erhaben und groß wer- 
den, wie es das alte mit Ruhm und Ehre geworden ist.“ 
So erging, für alle nicht an seiner Entstehung betheiligten Personen
	        
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