Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

II. Ges. über 2c. Bundes= u. Staatsangehörigkeit v. 1. Juni 1870. § 13. 361 
Hieran ändert auch der Umstand Nichts, daß der Fremde nach der Bestimmung 
eines ihn betreffenden Staatsvertrages aus Preußen nach seinem Heimatslande nicht 
mehr ausgewiesen werden darf, vielmehr hier ferner geduldet und, wenn er hülfsbe- 
dürftig ist, gleich einem Inländer von dem Landarmenverbande ernährt werden muß 
(Obertribunal 12. Februar 1866, Striethorst Archiv Bd. 62 S. 149). 
8 13. 
Die Staatsangehörigkeit geht fortan nur verloren: 
1. durch Entlassung auf Antrag (8 14ff.); 
2. durch Ausspruch der Behörde (§§ 20 und 22); 
3. durch zehnjährigen Aufenthalt im Auslande (§ 21); 
4. bei unehelichen Kindern durch eine den gesetzlichen Bestim- 
mungen gemäß erfolgte Legitimation, wenn der Vater einem 
anderen Staate angehört als die Mutter; 
5. bei einer Norddeutschen durch Verheirathung mit dem Ange- 
hörigen eines anderen Bundesstaates oder mit einem Ausländer. 
A. Die Verlustgründe des § 13 sind, wie das Wort „nur“ in Zeile 1 beweist, dergestalt 
ausschließlich, daß anderweitige Verlustgründe landesrechtlich nicht aufgestellt werden 
dürfen. Es giebt aber noch einen völkerrechtlichen Verlustgrund, nämlich die Abtretung 
eines Territoriums, welche, falls sie an einen anderen Bundesstaat erfolgt, nur einen 
Wechsel der inländischen Staatsangehörigkeit, falls an das Ausland, den Verlust jeder 
inländischen Staatsangehörigkeit und der Reichsangehörigkeit begründet. Siehe Anm. B. 
zu § 2, oben S. 352. 
B. Nr. 4 und 5 sind strikte zu interpretiren. Verheirathet sich die Mutter eines unehelichen 
Kindes an einen Nichtpreußen, so verliert sie dadurch ihre Staatsangehörigkeit, das 
Kind aber behält seine, einmal durch Abstammung (8 3) erworbene Staatsangehörigkeit, 
wofern nicht der Ehemann der natürliche Vater ist und das Kind legitimirt. 
Eine Preußin, welche durch Verheirathung die Preußische Staatsangehörigkeit 
verliert, bedarf keiner Entlassungsurkunde. Gleichwohl soll ihr eine solche ertheilt werden, 
wenn die Regierung des Landes, in welches sie sich verheirathet, eine solche verlangt 
Getent des Ministers des Innern vom 28. Februar 1853, Verwaltungs-Minist.-Bl. 
224). 
In diesen beiden Fällen erwirbt nach §§ 4 und 5 das legitimirte Kind die 
Staatsangehörigkeit des Vaters, die Ehefrau die Staatsangehörigkeit des Ehemannes. 
C. Ebensowenig wie es zum Erwerbe der Staatsangehörigkeit erforderlich ist, die bisherige 
Staatsangehörigkeit aufzugeben (Anm. (7. zu § 2, oben S. 352), geht, wofern nicht die Ver- 
lustgründe Nr. 4 und 5 mit den Erwerbsgründen der §§ 4 und 5 koinzidiren, die bisherige 
Staatsangehörigkeit durch Erwerb einer anderen — inländischen oder ausländischen — Staats- 
angehörigkeit verloren. Insbesondere ist es möglich, daß eine und dieselbe Person gleichzeitig 
mehrere Deutsche Staatsangehörigkeiten besitzt, z. B. ein Universitätslehrer Preußischer, Ba- 
discher, Bayerischer, Sächsischer Staatsangehöriger ist, weil er der Reihe nach in den Preußi- 
schen, Badischen, Bayerischen, Sächsischen Staatsdienst getreten ist, ohne aus der früheren 
Staatsangehörigkeit entlassen zu werden. Die mehrfache Deutsche Staatsangehörigkeit 
kann auch durch Geburt, Legitimation oder Verheirathung entstehen, wenn nämlich der 
eheliche Vater, der außereheliche legitimirende Vater, die uneheliche Mutter, der Ehemann 
mehrere Staatsangehörigkeiten besitzen. Daher erhebt sich die Frage, ob die Verlustgründe 
nur den Verlust der Staatsangehörigkeit eines einzelnen Staates oder den Verlust 
sämmtlicher Staatsangehörigkeiten zur Folge haben. Man hat dabei (siehe v. Rönne 
Bd. II. § 132 S. 35) mit einer analogen Anwendung des Gesetzes, betreffend die Ver- 
hinderung der unbefugten Ausübung von Kirchenämtern, vom 4. Mai 1874 (Reichs- 
Gesetzbl. S. 43) operirt. Dieses Gesetz muß jetzt außer Betracht gelassen werden, weil 
es durch das Gesetz, betreffend die Aufhebung des Gesetzes über die Verhinderung der 
unbefugten Ausübung von Kirchenämtern vom 4. Mai 1874 (Reichs-Gesetzbl. von 1874 
S. 43, 44), vom 6. Mai 1890 (Reichs-Gesetzbl. S. 65) aufgehoben ist. Die Entscheidung
	        
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