368 II. Ges. über 2c. Bundes- u. Staatsangehörigkeit v. 1. Juni 1870. 8 21.
Heimathsstaate wieder verliehen werden, auch ohne daß sie sich dort
niederlassen.
Norddeutsche, welche ihre Staatsangehörigkeit durch zehnjährigen
Aufenthalt im Auslande verloren haben und demnächst in das Gebiet
des Norddeutschen Bundes zurückkehren, erwerben die Staatsangehörig-
keit in demjenigen Bundesstaate, in welchem sie sich niedergelassen
haben, durch eine von der höheren Verwaltungsbehörde ausgefertigte
Aufnahmeurkunde, welche auf Nachsuchen ihnen ertheilt werden muß.
A. Ob der Deutsche, welcher das Reichsgebiet verlassen hat, hierzu nach den gesetzlichen
Bestimmungen der Erlanbniß bedurfte oder nicht bedurfte, und ob der zehnjährige Auf-
enthalt ein freiwilliger oder unfreiwilliger gewesen, ist irrelevant. Der Mufenthalt im
Auslande muß ein ununterbrochener gewesen sein. Die Verjährungsfrist wird daher
unterbrochen durch eine wenn auch nur vorübergehende Verlegung des Wohnsitzes in
das Reichsgebiet, nicht schon durch ein bloßes Durchreisen durch dasselbe, auch nicht
durch einen ohne die Absicht der Wohnsitznahme erfolgenden Besuch oder eine längere
Geschäftsreise in demselben. Die zehnjährige Frist beginnt mit dem Tage des Austritts
aus dem Reichsgebiete, ist von Datum zu Datum zu berechnen und läuft, wenn im
zwölften Monat des zehnten Jahres der dem Anfangstage entsprechende Tag fehlt, mit
dem letzten Tage des Monats ab. Der Verlust der Staatsangehörigkeit erstreckt sich
zugleich auf die Ehefrau und die unter väterlicher Gewalt stehenden Kinder, wofern
diese sich beim Ablauf der Frist bei dem Ehemann und Vater oder mit dessen Genehmi-
gung anderswo befinden. Er erstreckt sich nicht auf die großjährigen, die aus der
väterlichen Gewalt entlassenen, die ehelichen Kinder einer Wittwe und die unehelichen
Kinder. Für Minderjährige, welche entweder ohne ihren Vater oder ohne ausdrückliche
Zustimmung des Letzteren oder des Vormundes (und Vormundschaftsgerichts) in das Aus-
and gegangen sind, beginnt die Frist erst mit erreichter Volljährigkeit (Reskripte des
Ministers des Innern vom 24. April 1867 und 23. Juni 1868, Verwaltungs-Minist.=
Bl. S. 134, 238). Für Frrsinnige läuft die Frist ebenfalls nicht (Reskript des
Ministers des Innern vom 14. Mai 1868, ebenda S. 181). Dies beruht darauf, daß
die Angehörigkeit ein Recht ist, dessen man sich nur durch einen ausdrücklichen Willens-
akt entäußern kann, daß demnach Minderjährige und Geisteskranke, da sie rechtswirksame
Willensakte nicht ausführen können, auch nicht im Stande sind, die Angehörigkeit zu
verlieren. Gleichwohl ist dies sehr zweifelhaft, da das Gesetz von der zehnjährigen Ab-
wesenheit schlechthin spricht, ohne der Willensfähigkeit zu gedenken. Danach würde die
Staatsangehdrigkeit durch zehnjährige Abwesenheit auch für Minderjährige und Geistes-
kranke erlöschen, wenn dieselben nicht in die Konsulatsmatrikel eingetragen werden.
Die strafrechtlichen Verjährungsfristen laufen selbstständig für sich, so daß wegen der
vor dem Austritt aus dem Reichsgebiete verübten strasboren Handlungen und ver-
hängten Strafen die Verurtheilung und Vollstreckung eventuell auch nach Ablauf der
zehn Jahre noch erfolgen kann. Bis zum Ablaufe der zehn Jahre gilt der Ausgetretene
als Deutscher, so daß wegen gewisser während des Laufes der zehn Jahre begangenen
strafbaren Handlungen eine Verfolgung nach den Deutschen Strafgesetzen ebenfalls noch
nach Ablauf der zehn Jahre statthaft ist (Strafgesetzb. §§ 4 bis 6). Mit dem Verluste
der Staatsangehörigkeit erlöschen alle an diese geknüpften Rechte und Pflichten. Der-
jenige, welcher auf Grund des § 21 die Staatsangehörigkeit verloren hat, gilt bei
seiner Rückkehr in die Heimath als Ausländer. Als solcher würde er der Wehrpflicht
nicht unterliegen; jedoch greift hier § 11 des Reichsmilitärgesetzes vom 2. Mai
1874 (Reichs-Gesetzbl. S. 15) ein:
Personen, welche das Reichsgebiet verlassen, die Reichsangehörigkeit ver-
loren, eine andere Staatsangehörigkeit aber nicht erworben oder wieder verloren
haben, sind, wenn sie ihren dauernden Aufenthalt in Deutschland nehmen, gestellungs-
pflichtig und können nachträglich ausgehoben, jedoch im Frieden nicht über das
31. Lebensjahr hinaus im Dienst zurückgehalten werden.
Dasselbe gilt von den Söhnen ausgewanderter und wieder in das Deutsche
Reich zurückgekehrter Personen, sofern die Söhne keine andere Staatsangehörigkeit
erworben haben.
Somit ist der Ausgetretene, der seinen dauernden Aufenthalt in Deutschland