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II. Ges. über 2c. Bundes= und Staatsangehörigkeit v. 1. Juni 1870. § 21.
Durch diese Eintragung, welche natürlich erst nach dem Verlassen des Reichsgebietes
erfolgen kann, wird die Frist unterbrochen. Ihr Lauf beginnt aber von Neuem mit
dem auf die Löschung in der Matrikel folgenden Tage.
Die Regel, daß es eines zehnjährigen Aufenthalts im Auslande bedarf, um die Reichs-
und Staatsangehörigkeit zu verlieren, in Verbindung mit dem Umstande, daß diese An-
gehörigkeit nach dem Systeme des Gesetzes durch den Erwerb einer fremden Staatsan-
gehörigkeit nicht verloren geht, hat zur Folge, daß Deutsche, welche sich im Auslande
aufhalten, selbst wenn sie dort das Staatsbürgerrecht erworben haben, innerhalb der
zehnjährigen Frist, wie die Rechte, so auch die Pflichten eines Deutschen behalten und
zur Erfüllung der letzteren, namentlich in Beziehung auf den Kriegsdienst, gelegentlich
jeden Aufenthaltes im Reichsgebiete herangezogen, beziehungsweise wegen unterlassener
Erfüllung bestraft werden können. Damit nicht hieraus gegenüber auswärtigen Staaten
Unzuträglichkeiten und Weiterungen entspringen, giebt Abs. 3 die Ermächtigung, für
Deutsche, welche sich in einem ausländischen Staate mindestens fünf Jahre lang un-
unterbrochen aufhalten und in demselben zugleich die Staatsangehörigkeit erwerben, die
zehnsährige Frist bis auf eine fünfjährige zu vermindern. Diese Vorschrift setzt voraus,
daß der mindestens füufjährige ununterbrochene Aufenthalt in einem Staate des Aus-
landes und die Erwerbung der Staatsangehörigkeit in demselben mit einander im Zu-
sammenhange stehen. Liegt zwischen dem gedachten Aufenthalt und der Erwerbung der
ausländischen Staatsangehörigkeit ein längerer Zeitraum, so tritt der Verlust der in-
ländischen Staatsangehörigkeit nicht ein.
Ein solcher und zwar schon vor Erlaß dieses Gesetzes geschlossener Staatsvertrag
ist der Vertrag zwischen dem Norddeutschen Bunde und den Vereinigten
Staaten von Amerika, betreffend die Staatsangehörigkeit derjenigen
Personen, welche aus dem Gebiete des einen Theils in dasjenige des
andern Theils einwandern, vom 22. Februar 1868 (Bundes-Gesetzbl. d. Nordd.
Bundes S. 228), der sogenannte Bancroftvertrag. Dieser Vertrag — auch Bayern,
Württemberg, Baden und, für Südhessen, Hessen haben ähnliche Verträge mit den Ver-
einigten Staaten abgeschlossen — verordnet in
Artikel 1 Abs. 1.
Angehörige des Norddeutschen Bundes, welche naturalisirte Staatsangehörige
der Vereinigten Staaten von Amerika geworden sind und fünf Jahre lang un-
unterbrochen in den Vereinigten Staaten zugebracht haben, sollen von dem Kord-
deutschen Bunde als Amerikanische Angehörige erachtet und als solche behandelt
werden.
Da Abs. 3 sich nicht bloß auf die erst nach Erlaß dieses Gesetzes abgeschlossenen,
sondern auch auf die damals bereits bestehenden Staatsverträge bezieht (Oberverwaltungs-
gericht 13. Oktober 1886, Entscheidungen Bd. 11 S. 388), so sind der Bancroftvertrag
und die Verträge der Südstaaten noch jetzt geltendes Recht.
. Abs. 4 enthält eine besondere Begünstigung derienigen, welche eine andere Staats-
angehörigkeit während ihres zehnjährigen Aufenthalts im Auslande nicht erworben haben.
Diesen Heimathslosen kann die Staatsangehörigkeit in dem früheren Heimathsstaate
wieder verliehen werden, ohne daß, ihre Dispositionsfähigkeit beziehungsweise die Zu-
stimmung ihres Vertreters natürlich vorausgesetzt, die Erfordernisse des § 8 erfüllt
sind, insbesondere auch ohne daß sie sich in dem Heimathsstaate niederlassen. Wie aber
das Wort „kann"“ ergiebt, ist der Heimathsstaat zu dieser Renaturalisation nur berech-
tigt, nicht aber verpflichtet, und es steht ihm daher frei, die Bewilligung allgemein oder
für den Einzelfall an gewisse, von ihm selbst zu bemessende Bedingungen zu knüpfen.
Nach einem Reskript des Ministers des Innern vom 25. Juni 1875 (Verwalt.-Minist.=
Bl. S. 228) soll bei Prüfung des Renaturalisationsgesuches auch die Thatsache der
Nichterfüllung der Militärpflicht wesentlich mit berücksichtigt und der Regel nach die in
der Gewährung des Gesuchs liegende besondere Vergünstigung solchen Personen, welche
wegen unerlaubter Auswanderung verurtheilt worden * solange versagt werden,
bis die Vollstreckung des betreffenden Straferkenntaisses oder der Erlaß der Strase im
Gnadenwege nachgewiesen ist.
Diese Renaturalisation darf nur von dem früheren Heimathsstaate, nicht auch
von einem anderen Bundesstaate ertheilt werden. Sobald sie aber ertheilt ist, muß
dem Renaturalisirten nach § 6 des Gesetzes von jedem anderen Bundesstaate die Staats-
angehörigkeit verliehen werden, wenn er nachweist, daß er in dem Bundesstaate, in wel-
chem er die Aufnahme nachsucht, sich niedergelassen habe. Zur Vermeidung dieses Um-