Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

II. Ges. über 2c. Bundes= u. Staatsangehörigkeit v. 1. Juni 1870. 8 22. 23. 371 
weges bestimmt Abs. 5, daß der § 7 und zwar ohne die in ihm enthaltenen Beschrän- 
kungen der Aufnahmeverpflichtung nach den §§ 2 bis 5 des Freizügigkeitsgesetzes au 
auf diejenigen Deutschen Anwendung finden soll, welche ihre Staatsangehörigkeit dach 
zehnjährigen Aufenthalt im Auslande verloren haben. Die Aufnahmeurkunde muß also 
ertheilt werden, sobald die Niederlassung in dem Staate nachgewiesen wird, um dessen 
Angehörigkeit es sich handelt. Aber auch in diesem Falle ist, wie die Entstehungs- 
geschichte des Abs. 5 ergiebt, vorausgesetzt, daß der Implorant keine andere Staats- 
angehörigkeit erworben hat (Oberverwaltungsgericht 13. Oktober 1886, Entscheidungen 
Bd. 14 S. 388). 
Diejenigen Deutschen, welche ihre Staatsangehörigkeit durch zehnjährigen Auf- 
enthalt verloren und eine andere Staatsangehörigkeit erworben haben, sind, um die 
Staatsangehörigkeit in dem früheren Heimathsstaate wieder zu erhalten, auf den Weg 
des § 7 verwiesen. - 
Uebrigens ist die Geburt durch Deutsche Eltern im Auslande unter dem Verlassen 
des Reichsgebietes einbegriffen. Das Gesetz erstreckt demnach den Anspruch auf Rena- 
turalisation über die der Staatsangehörigkeit durch ihren zehnjährigen Aufenthalt im 
Auslande verlustig gegangenen Personen hinaus auch auf die im Auslande als Staats- 
angehörige geborenen Kinder der früher einmal Verzogenen, sofern der Verlust der 
Staatsangehörigkeit dadurch eingetreten ist, daß sich diese Kinder zur Zeit des Ablaufes 
der zehnjährigen Frist als Minderjährige bei dem im Auslande abwesenden Vater unter 
der väterlichen Gewalt befunden haben (Oberverwaltungsgericht 11. November 1891, 
Entscheidungen Bd. 22 S. 389). 
Ueber den Begriff der Niederlassung siehe Anmerk. A. 2 zu § 7, oben S. 355. 
Im Falle des Abs. 5 wird eine Aufnahmeurkunde ertheilt. Abs. 4 äußert sich 
nicht über die Urkunde, erklärt aber die Verleihung nicht für obligatorisch, sondern nur 
fakultativ; somit ist in seinem Falle eine Naturalisationsurkunde zu ertheilen. 
Es ist gefragt worden, ob ein Staatsangehöriger, welcher sich einer Bestrafung durch 
die Flucht in das Ausland entzogen und durch zehnjährigen Aufenthalt im Auslande 
die Staatsangehörigkeit verloren hat, durch die Begnadigung ohne Weiteres 
auch die Staatsangehörigkeit wieder erlangt. Natürlich ist die Frage zu verneinen. 
Das Gesetz vom 1. Juni 1870 kennt als Erwerbsgrund der Staatsangehörigkeit nur 
die Aufnahme und Naturalisation, nicht auch die Begnadigung. Allerdings kann 
die Verleihung materiell ein Gnadenakt sein, wenn nämlich im Falle der Renaturali- 
sation nach Mil. 4 auf Anordnung des Monarchen alle gegen die Verleihung spre- 
chenden Bedenken bei Seite geschoben werden. Formell kann sie es schon aus dem 
Grunde nicht sein, weil ihre Erstreckung auf die Angehörigen durch das Gesetz vorge- 
schrieben ist und sie im Uebrigen nur auf Antrag, nie gegen den Willen des Rezipienden 
erfolgt, während die Begnadigung ihre Wirkung auch unabhängig von ihrer Annahme 
vurch den Begnadigten äußert (Anmerk. B. zu § 49 der Verfassungsurkunde, oben 
. 141). 
§ 22. 
Tritt ein Norddeutscher ohne Erlaubniß seiner Regierung in 
fremde Staatsdienste, so kann die Zentralbehörde seines Heimaths- 
staates denselben durch Beschluß seiner Staatsangehörigkeit verlustig 
erklären, wenn er einer ausdrücklichen Aufforderung zum Austritte 
binnen der darin bestimmten Frist keine Folge leistet. 
§ 23. 
Wenn ein Norddeutscher mit Erlaubniß seiner Regierung bei 
einer fremden Macht dient, so verbleibt ihm seine Staatsangehörigkeit. 
Nach 8 9 hat der Eintritt in den Dienst eines anderen Bundesstaates, sofern 
nicht ein entgegenstehender Vorbehalt in der Bestallung gemacht wird, die Folge, daß 
der Eingetretene die Staatsangehörigkeit in dem Dienststaate erhält, ist aber ohne Ein- 
fluß auf seine bisherige Staatsangehörigkeit. Die §§ 22, 23 beziehen sich auf den Ein- 
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