Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

20 Einleitung. 8 1. 
Am Schlusse des Patents erklärte der König, daß hierdurch, indem, 
über die Zusagen des Königs Friedrich Wilhelm III. hinaus, die Erhebung 
neuer, sowie die Erhöhung der bestehenden Steuern, an die, im Wesen deut- 
scher Verfassung begründete Zustimmung der Stände gebunden worden, den 
Unterthanen ein besonderer Beweis des Königlichen Vertrauens gegeben werde. 
Gleichzeitig erfolgte die Publikation der drei in Bezug genommenen 
Verordnungen. Danach bestand der Vereinigte Landtag aus der Vereinigung 
der acht Provinziallandtage zu Einer Versammlung und zwar mit einer Ein- 
theilung in zwei Kurien, die Herrenkurie (Stand der Fürsten, Grafen und 
Herren mit 80 Stimmen) und die Kurie der drei Stände (Abgeordnete der 
Ritterschaft mit 231, der Städte mit 182, der Landgemeinden mit 124 Stim- 
men). Jede Kurie wurde von einem vom König ernannten Landtagsmarschall 
geleitet. Die beiden Kurien beriethen und beschlossen, wenn es sich um 
Steuern und Anleihen handelte, in vereinigter Sitzung, als Vereinigter 
Landtag, sonst jede Kurie für sich besonders. Wenn bei Gegenständen, 
bezüglich deren das Interesse der verschiedenen Stände oder Provinzen 
auseinanderging, zwei Drittheile der Stimmen des Standes oder der Provinz 
es verlangten, fand eine ltio in partes statt. Dem Vereinigten Landtage 
selbst war keine Periodizität bewilligt, dagegen sollten die Vereinigten stän- 
dischen Ausschüsse spätestens vier Jahre nach dem Schlusse ihrer jedesmaligen 
letzten Versammlung oder, wenn inzwischen der Vereinigte Landtag selbst ge- 
tagt hatte, innerhalb derselben Frist nach dem Schlusse des letzteren berufen 
werden. Die Vereinigten Ausschüsse erhielten der Regel nach die neuen Ge- 
setze zur Vorberathung vorgelegt, konnten auch in einzelnen Finanzsachen den 
Vereinigten Landtag vertreten. Die Genehmigung der Kriegsanleihen endlich 
und die regelmäßige Prüfung der Staatsschuldenrechnung wurden einer stän- 
dischen Staatsschuldendeputation zugewiesen, welche aus acht Mitgliedern be- 
stehen und jährlich mindestens ein Mal zusammentreten sollte. Die Geschäfts- 
ordnung des Vereinigten Landtages wurde vom König durch das Reglement 
vom 9. April 1847, die der Vereinigten Ausschüsse durch Reglement vom 
2. Dezember 1847 festgesetzt. Das letztere Reglement ordnete an, daß vor 
jeder Plenarberathung eine Vorbereitung durch eine Abtheilung stattzufinden 
habe, welche auch berufen werden könne, ehe der Ausschuß zusammenträte, 
und deren Mitglieder vom Landtagsmarschall zu ernennen wären. 
Am 11. April 1847 trat der Vereinigte Landtag in Berlin zusammen. 
In der Thronrede erklärte der König u. A.: 
Es drängt mich zu der feierlichen Erklärung, daß es keiner Macht 
der Erde je gelingen soll, Mich zu bewegen, das natürliche, gerade bei 
uns durch seine innere Wahrheit so mächtig machende Verhältniß zwischen 
Fürst und Volk in ein konventionelles, konstitutionelles zu wandeln, und 
daß Ich es nun und nimmer zugeben werde, daß sich zwischen un- 
seren Herrgott im Himmel und dieses Land ein beschriebenes Blatt, gleich- 
sam als eine zweite Vorsehung eindränge, um uns mit seinen Paragraphen 
zu regieren und durch sie die alte heilige Treue zu ersetzen. — — — — 
Der hochselige König hat das ständische Wesen nach reiferer Ueberlegung 
im geschichtlich Deutschen Sinne ins Leben gerufen und Ich habe an seinem 
Werke allein in diesem Sinne fortgebaut. Durchdringen Sie Sich mit dem 
Geiste dieser uralten Einsetzungen. Sie, meine Herren, sind Deutsche
	        
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