396 III. Verordn, über r2c. des Versamml.= u. Vereinigungsrechtes v. 11. März 1850. 87.
thatsächlich falschen Grundes erfolgt, indem gegen eine vermeintlich ungerechtfertigte
Auflösung jedem Mitgliede der Versammlung die Beschwerde bezw. Klage im Ver-
waltungsverfahren zusteht (Obertribunal 10. Dezember 1868, Oppenhoff Rechtsprechung
Bd. 9 S. 720). Dagegen ist eine Entschädigungsklage gegen den Abgcordneten der
Polizeibehörde, welcher ohne gesetzlichen Grund, aber in gutem Glauben die Versammlung
aufgelöst hat, unzulässig (Gerichtshof zur Entscheidung der Kompetenzkonflikte 14. April
1877. Verwaltungs-Minist.-Bl. 1877 S. 162). Wegen der Beschwerde und Klage siehe die
§§ 127 bis 131 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883
(Ges.-Samml. S. 195), Anmerk. E. zum Eingange des Gesetzes, oben S. 378.
B. Die zur wirksamen Durchführung des Auflösungsgebotes geeigneten Maßregeln sind
selbstverständlich dem pflichtmäßigen Ermessen des Abgeordneten der Polizeibehörde an-
heimgegeben. Hat derselbe gegründete Ursache zu der Besorgniß, daß der in einem
Nebenraum abgetretene Theil der aufgelösten Versammlung dort die durch das Auf-
lösungsgebot unterbrochene Diskussion fortsetzen werde, so ist er befugt, Zwecks erfolg-
reicher Durchführung des Auflösungsgebotes auch die Räumung jenes Nebenraumes zu
verlangen, und ist jeder Theilnehmer an der aufgelösten Versammlung ebenmäßig ver-
pflichtet, der polizeilichen Aufforderung, auch diesen Raum zu verlassen, ungesäumt Folge
g leisten (Kammergericht 20. Januar 1887, Johow Jahrbuch Bd. 7 S. 268).
egen der Requisition der bewaffneten Macht siehe Art. 36 der Verfassungsurkunde
und Anmerkungen dazu oben S. 116.
D. Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften des § 6 werden nach § 15 bestraft.
87.
Niemand darf in einer Versammlung bewaffnet erscheinen, mit
Ausnahme der im Dienste befindlichen Polizeibeamten.
A. Das Verbot ist nicht absolut zu nehmen. Abgesehen nämlich von den im Dienst be-
findlichen, d. h. gemäß § 4 von der Ortspolizeibehörde zur Versammlung abgeordneten
Polizeibeamten sind auch alle Diejenigen ausgenommen, welche — als uniformirte
Chargen — zum Tragen der Waffe verpflichtet sind, also die uniformirten Beamten
und die Soldaten. Eine weitere Ausnahme findet statt bezüglich der Kriegervereine.
Die Kabinetsordre, betreffend die Krieger- und Begräbnißvereine, vom 22. Februar 1812
(Verwaltungs-Minist -Bl. S. 97; auch in den Amtsblättern, z. B. in Stück 17 des Amts-
blattes der Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin von 1842) bestimmt nämlich,
daß diese Vereine zwar der polizeilichen Bestätigung bedürfen, aber durch solche Be-
stätigung ein für alle Mal die Erlaubniß zur militärischen Begleitung der Leichen ver-
storbener Waffengefährten erhalten. Eine weitere Kabinetsordre vom 13. November 1844
(ebenda S. 405) gestattet für die Leichenbegängnisse derjenigen Vereinsmitglieder, welche
einen Krieg mitgemacht haben, das Schießen über dem Grabe. Die Vereine müssen sich
einen Hauptmann oder Anführer wählen, der die Ordnung des Vereins aufrechtzuhalten,
die Zusammenberufung desselben zu den Begräbnissen zu leiten und jede Begräbnißfeier
militärischer Art vorher der Polizeibehörde zu melden hat; letztere hat wiederum in
Orten, in welchen Garnison steht, dem kommandirenden Offizier davon Mittheilung zu
machen. Das Oberverwaltungsgericht hat in dem Urtheil vom 11. Dezember 1878
(ebenda 1879 S. 73) ausgeführt, daß die Kabinetsordre vom 22. Februar 1842 als ein
den Kriegervereinen bestimmte Privilegien verleihendes Spezialgesetz — 8§ 21, 61 M.
L. R. Einleit. — durch die Art. 29, 30 der Verfassungsurkunde bezw. durch dies Ver-
einsgesetz vom 11. März 1850 nicht berührt ist, also noch jetzt gilt. Das Kammergericht
hat sich dieser Absicht in dem — gleich zu nennenden — Urtheil vom 27. Oktober 1890)
angeschlossen. Ebenmäßig erklärt ein Ministerialrefkript vom 19. November 1875 (ebenda
1876 S. 5), daß die Kriegervereine diesem Gesetze nicht unterliegen und insbesondere,
die Meldung bei der Ortspolizeibehörde vorausgesetzt, berechtigt sind, bei ihren Auf-
zügen Behufs feierlicher Beerdigung ihrer verstorbenen Waffengefährten in der durch
die Kabinetsordre genehmigten Ausrüstung und Bewaffnung zu erscheinen. Natürlich
kann die Polizei alle ihr im Interesse der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit
nöthig erscheinenden Anordnungen treffen (Kammergericht 27. Oktober 1890, Johow
Jahrbuch Bd. 11 S. 305).
B. Unter Waffe ist nicht jeder Gegenstand zu verstehen, mittels dessen durch mechanische
Einwirkung auf den Körper eines Anderen eine Verletzung desselben herbeigeführt werden
kann. Vielmehr ist das Wort im technischen Sinne zu nehmen. Danach bedeutet es
C.