IV. Das Herrenhaus. 1. Verordnung vom 12. Oktober 1854. 86. 45
§ 6.
Die näheren reglementarischen Bestimmungen wegen Bildung der Ver-
bände des alten und des befestigten Grundbesitzes — Landschaftsbezirke —
(§ 4 Nr. 4) und wegen Ausübung des Präsentationsrechts (§ 4 Nr. 1 bis 0)
werden von Uns erlassen.
A. Die in diesem Paragraphen gemachten Vorbehalte sind noch nicht erledigt bezüglich des
Repräsentationsrechtes der Stifter, der Landesuniversitäten und der Städte.
Ueber das Präsentationsrecht der Verbände der durch ausgebreiteten Familien-
besitz ausgezeichneten Geschlechter ist ergangen der Allerhöchste Erlaß vom 7. August 1855,
welcher folgende näheren Bestimmungen enthält (v. Rönne Bd. 1 §8 56 S. 211/2128:
1. Die vermöge dieses Rechts zu Präsentirenden sind für jeden einzelnen Verband
von den Mitgliedern desselben zu wählen.
2. Berechtigt zur Theilnahme an diesen Wahlen sind nur diejenigen Mitglieder
des Verbandes, welche die im § 7 der Verordnung vom 12. Oktober 1854 aufgeführten
Eigenschaften besitzen und ein Lebensalter von fünfundzwanzig Jahren erreicht haben.
Mitglieder des Herrenhauses sind zur Theilnahme an diesen Wahlen nicht befugt, sofern
nicht das Geschlecht selbst ihre Theilnahme wünscht.
3. Etwaige sonstige Erfordernisse der Berechtigung zur Theilnahme an den Wahlen
festzusetzen, bleibt der Bestinmmung des Königs bei oder, auf vorgängige Vernehmung
der Berechtigten, nach Verleihung des Präsentationsrechtes vorbehalten.
4. Das Präsentationsrecht ruht, solange nicht mindestens drei zur Theilnahme an
den Wahlen berechtigte Mitglieder des Verbandes vorhanden sind; zur Giltigkeit der
Wahl ist die Theilnahme von mindestens drei Berechtigten an denselben erforderlich.
5. Fähig, präsentirt zu werden, sind nur Mitglieder des Verbandes und nur
solche, welche die nach § 7 cit. zur Mitgliedschaft des Herrenhauses erforderlichen Eigen-
schaften besitzen.
6. Es bleibt vorbehalten, bei oder, auf vorgängige Vernehmung der Berechtigten,
nach Verleihung des Präsentationsrechtes an die einzelnen Verbände, soweit die Be-
stimmungen der Verordnung vom 12. Oktober 1854 nicht entgegenstehen, Festsetzungen
zu treffen, welche von den vorstehend als Regel ertheilten Vorschriften abweichen.
7. Es können unter Königlicher Bestätigung für die einzelnen Verbände Statuten,
für welche die in den vorstehenden Vorschriften enthaltenen Grundsätze als Richtschnur
w dienen haben, aufgestellt und darin über das Präsentationsrecht, über die Theilnahme
aran, über die Wahlen u. s. w. nähere Festsetzungen getroffen werden. Die Errichtun
eines solchen Statuts erfolgt durch diejenigen Mitglieder des Berbandes, welche na
Maßgabe der Verleihung des Präsentationsrechtes an der Wahl zur Präsentation Theil
zu nehmen berechtigt sind.
8. Für die einzelnen mit dem Präsentationsrechte zu begnadigenden Geschlechter
wird eine vom Könige zu vollziehende Verleihungsurkunde ausgefertigt, welche die Be-
dingungen enthält, an welche das Recht geknünpft sein soll.
B. Ueber die Wahl der von den Provinzialverbänden der Grafen und der für den alten
und befestigten Grundbesitz zu präsentirenden Mitglieder erging zunächst das vom König
vollzogene Reglement vom 12. Oktober 1854 (Verwaltungs-Minist.-Bl. S. 189). Das-
selbe ist abgeändert worden durch den Allerhöchsten Erlaß vom 5. November 1861
(ebenda S. 261) und ersetzt worden durch die Verordnung, betreffend die definitive Er-
ledigung der Vorbehalte wegen Bildung der Verbände des alten und des befestigten
Grundbesitzes — Landschaftsbezirke — und wegen Wahl der Seitens dieser Verbände
und der Provinzialverbände der Grafen zu präfentirenden Mitglieder des Herrenhauses,
vom 10. November 1865 (Ges.-Samml. S. 1077).
Die Verordnung vom 10. November 1865 ist mitgetheilt unten am Schlusse dieser
Verordnung.
Zu ihrer Klarstellung dienen mehrere zum Reglement vom 12. Oktober 1854
ergangene Reskripte des inisters des Innern (v. Rönne Bd. 1 3 56 S. 210
Anmerk. 5 und S. 213 Anmerk. 2 bis 6, S. 214 Anmerk. 1):
1. Wenn Jemand in verschiedenen Landschaftsbezirken oder Grafenverbänden einen
zur Theilnahme an den Wahlen befähigenden Grundbesitz hat, so ist er befugt, in jedem
dieser Bezirke, wenn er auch bereits in einem anderen das Wahlrecht ausgeübt hat,
mit zu wählen, und es gilt dies auch für den Fall, daß die Bezirke verschiedenen Pro-
vinzen angehören (Reskript vom 12. Oktober 1854).