V. Das Abgeordnetenhaus. 1. Verordn. v. 30. Mai 1849. 8 18. 465
solche zum Zwecke der Vornahme der Wahlen zu versammeln. Die von einer gleichwohl
stattfindenden Versammlung vorgenommenen Wahlen würden nichtig sein, die Ver-
sammlung selbst den Bestimmungen der Verordnung, betreffend Verhütung eines Miß-
brauchses Versammlungs= und Vereinigungsrechtes, vom 11. März 1850 (oben S. 374)
unterstehen.
C. Die Pesen der Urwahlen sind von den betreffenden Gemeinden zu traßen, wogegen die
Kosten, welche durch die von den Wahlmännern vorzunehmenden Wahlen der Abgeord-
neten entstehen, aus dem Hauptextraordinarium der betreffenden Regierungshauptkasse
zu entnehmen sind (Reskripte des Finanzministers und des Ministers des IJnnern vom
15. Januar 1850, 27. Dezember 1850, 24. Dezember 1860, Verwaltungs-Minist.--Bl.
1851 S. 2, 1861 S. 429.
D. Das Strafgesetz buch schützt das Wahlrecht durch folgende Bestimmungen:
§ 107. ·
Wer einen Deutschen durch Gewalt oder durch Bedrohung mit einer straf-
baren Handlung verhindert, in Auslbung seiner staatsbürgerlichen Rechte zu wählen
oder zu stimmen, wird mit Gefängniß nicht unter sechs Monaten oder mit Festungs-
haft bis zu fünf Jahren bestraft.
Der Versuch ist strafbar.
8 108.
Wer in einer öffentlichen Angelegenheit mit der Sammlung von Wahl= oder
StimmzZetteln oder Zeichen oder mit der Führung der Beurkundungsverhandlung be-
auftragt, ein unrichtiges Ergebniß der Wahlhandlung vorsätzlich herbeiführt oder
san a verfälscht, wird mit Gefängniß von Einer Woche bis zu drei Jahren
bestraft.
Wird die Handlung von Jemand begangen, welcher nicht mit der Sammlung
der Zettel oder Zeichen oder einer anderen Verrichtung bei dem Wahlgeschäfte be-
auftragt ist, so tritt Gefängnißstrafe bis zu zwei Jahren ein.
Auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.
§ 109.
Wer in einer öffentlichen Angelegenheit eine Wahlstimme kauft oder verkauft,
wird mit Gefängniß von Einem Monat bis zu zwei Jahren bestraft; auch kann
auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.
§ 339.
Ein Beamter, welcher durch Mißbrauch seiner Amtsgewalt oder durch An-
drohung eines bestimmten Mißbrauchs derselben Jemand zu einer Handlung, Dul-
dung oder Unterlassung widerrechtlich nöthigt, wird mit Gefängniß bestraft.
Der Versuch ist strafbar.
In den Fällen der §§ 106, 107, 167 und 253 tritt die daselbst angedrohte
Strafe ein, wenn die Handlung von einem Beamten, wenn auch ohne Gewalt und
Drohung, aber durch chbrauck seiner Amtsgewalt oder Androhung eines bestimmten
Mißbrauchs derselben begangen ist.
8 18.
Die Wahlmänner werden in jeder Abtheilung aus der Zahl der stimm—
berechtigten Urwähler des Urwahlbezirks ohne Rücksicht auf die Abtheilung
gewählt.
bann Ausnahme des Falles der Auflösung der Kammer sind die Wahlen
der Wahlmänner für die ganze Legislaturperiode dergestalt gültig, daß bei einer
erforderlich werdenden Ersatzwahl eines Abgeordneten nur an Stelle der in-
zwischen durch Tod, Wegziehen aus dem Urwahlbezirk, oder auf sonstige Weise
ausgeschiedenen Wahlmänner neue zu wählen sind.
Nach §8 21 bezw. 22 der beiden Reglements vom 18. September 1893 — unten
5 und 6e — ist, wenn die Ersatzwahl eines Wahlmannes nach Ablauf eines Jahres
seit der letzten Wahl eines Abgeordneten erforderlich wird, derselben eine neue Urwähler-
und Abtheilungsliste zu Grunde zu legen, bei deren Aufstellung und Auslegung die
Vorschriften des Reglements zu beobachten sind.
Schwaryp, Preußische Berfassungsurkunde. 30