44
B.
C.
I. Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Eingang. Art. 1.
König von Preußen 2c. 2c. — der bei der Sanktionirung von Gesetzen übliche kürzere
Titel. Siehe unten VI. 5. Titel und Wappen.
Die Verfassungsurkunde mit ihren späteren Abänderungen und Ergänzungen ist nicht
die einzige Quelle für das Staatsrecht der Preußischen Monarchie, wohl aber das
einzige Staatsgrundgesetz, nämlich dasjenige Gesetz, welches alle Grundzüge des Ver-
hältnisses zwischen der Staatsregierung und den Staatsangehörigen in sich ausgenommen
hat, und dessen Verhältniß zu den älteren Verfassungsnormen durch Art. 109 bestimmt
wird, während Art. 107 darüber Bestimmung trifft, in welcher Weise Abänderungen
des Staatsgrundgesetzes selbst stattzufinden haben.
Titel I.
Vom Staatsgebiete.
Artikel 1.
Alle Landestheile der Monarchie in ihrem gegenwärtigen Um-
fange bilden das Preußische Staatsgebiet.
A.
Sämmtliche Landestheile der Monarchie, ohne Rücksicht darauf, wann und mit welchem
Rechtstitel sie hinzugekommen sind, bilden staatsrechtlich ein geschlossenes Ganze: den
Staat Preußen. Es giebt nur Einen Preußischen Staat, keine Preußischen Staaten.
Bezeichnungen wie „Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten“, „All-
gemeines Berggesetz für die Preußischen Staaten“, sind staatsrechtlich inkorrekt.
Früher wurde regelmäßig offiziell unter „Königreich Preußen“ das ehemalige
Herzogthum Preußen verstanden und die übrigen Gebiete als die „Preußischen Staaten“,
d. h. als die Länder eines Fürsten bezeichnet, der zugleich König von oder, wie es bis
zur Erwerbung der polnisch-preußischen Theile hieß. König in Preußen war. Dies
hängt damit zusammen, daß das neue Königthum des Kurfürsten Friedrich III. —
Königs Friedrich I. — nicht auf die Reichslande, sondern auf das souveräne Herzogthum
Preußen gegründet wurde. Die in einigen Beziehungen jetzt noch übliche Benennung
der Provinz Ostpreußen als Königreich Preußen ist eine titulare Auszeichnung ohne
staatsrechtliche Bedeutung. Bis zur Emanation der Verfassungsurkunde wurde auch die
Provinz Posen in der staatsrechtlichen Sprache als „Großherzogthum Posen“ bezeichnet,
vielleicht deshalb, weil sie von 1807 bis 1815 zum Großherzogthum Warschau gehört hatte.
Die Monarchie ist für die allgemeine Staatsverwaltung eingetheilt in 12 Provinzen,
35 Regierungsbezirke, 549 Kreise, darunter 60 Stadtkreise; der Regierungsbezirk Sieg-
maringen und der Stadtkreis Berlin nehmen eine besondere Stellung ein. Die —
hiervon verschiedene — Jurisdiktionseintheilung umfaßt 13 Oberlandesgerichte, 93 Land-
gerichte und 1091 Amtsgerichte. Der Flächeninhalt, ohne Haffe und Meerestheile, be-
trägt nach der Aufstellung für 1890/1891 34813 668 Hektar, die ortsanwesende Be-
völkerung nach der Zählung vom 1. Dezember 1890 29 957367. Die Zunahme der
Bevölkerung hat von 1880 bis 1885 jährlich 0,76, von 1885 bis 1890 jährlich 1,16
Prozent betragen.
Die Nationalfarbe ist nach der Kabinetsordre vom 22. Mai 1818 (v. Hamptz Annalen
Bd. 2 S. 347) und vom 12. März 1823 (Ges.-Samml. S. 127) Schwarz-Weiß.
Als Farben für die Provinzen sind durch Kabinetsordre vom 22. Oktober 1882
(Staatsanzeiger Nr. 264), 28. April 1884 (daselbst Nr. 110) und 3. Juni 1892 (daselbst
Nr. 113) angeordnet: für Ostpreußen Schwarz-Weiß; für Westpreußen Schwarz-Weiß-
Schwarz;: für Brandenburg Roth-Weiß; für Pommern Blau-Weiß; für Posen Roth=
Weiß: für Schlesien Weiß-Gelb; für Sachsen Schwarz-Gelb; für Hannover Gelb-Weiß;
für Westfalen Weiß-Roth: für Hessen-Nassan Roth-Weiß-Blau; (für den Bezirksverband
Cassel Roth-Weiß, für den Bezirksverband Wiesbaden Blau-Orange); für die Rhein-
provinz Grün-Weiß; für die Hohenzollernschen Lande Weiß-Schwarz. Für die Provinz
Schleswig-Holstein sind noch keine Farben bestimmt.
KArtikel 2.
Die Grenzen dieses Staatsgebiets können nur durch ein Gesetz
verändert werden.