Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

I. Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Art. 6. 63 
zwangsweise durchzusetzen, nicht allein das eigene Ansehen der Polizeibehörden, 
sondern auch die Strafrechtspflege empfindlich geschädigt werden. 
Unter diesen Umständen habe ich meine früher gehegten Bedenken bei Seite 
gesetzt und bin im Einvernehmen mit dem Herrn Justizminister zu der Ansicht 
gelangt, daß es geboten erscheint, die Bestimmungen des § 132 des Landesver- 
waltungsgesetzes für dieienigen Geschäfte Platz greifen zu lassen, welche die Polizei- 
behörden als Organe der Staatsanwaltschaft zu verrichten haben. Geschieht dies, so 
wird es auch nicht zu vermeiden sein, daß über Beschwerden gegen die einschlägigen 
Verfügungen der Polizeibehörden nicht von der Staatsanwaltschaft, sondern in dem 
durch den § 133 in Verbindung mit § 127 a. a. O. geordneten Instanzenzuge ent- 
schieden werde. 
Euer 2c. ersuche ich ergebenst, die Ihnen unterstellten Behörden nach den 
vorstehenden Andeutungen zu verständigen und Selbst danach zu verfahren. 
Sollte gegen Bescheide, durch welche Euer 2c. Beschwerden gegen einschlägige 
Verfügungen der Polizeibehörden zurückgewiesen haben, Klage bei dem Oberverwal- 
tungsgerichte erhoben werden, so wollen mir Euer 2c. deswegen in jedem einzelnen 
Falle unter Darlegung des Sachverhaltes berichten, damit mir Gelegenheit geboten 
werde, für die mündliche Verhandlung vor diesem Gerichtshofe einen Kommissar zur 
Vertretung des von dem Herrn Justizminister und mir eingenommenen Standpunktes 
zu bestellen. 
Der Minister des Innern. 
Herrfurth. 
Artikel 6. 
Die Wohnung ist unverletzlich. Das Eindringen in dieselbe 
und Haussuchungen, sowie die Beschlagnahme von Briefen und Pa- 
pieren sind nur in den gesetzlich bestimmten Fällen und Formen ge- 
stattet. 
A. 
B. 
Art. 6 findet auf das Heer nur insoweit Anwendung, als die militärischen Gesetze 
und Disziplinarvorschriften nicht im Wege stehen (Art. 39), und kann im Falle des 
Belagerungszustandes, Krieges oder Aufruhrs außer Kraft gesetzt werden (Art. 111). 
Der Art. 6 verbietet jedes willkürliche Eindringen in die Wohnung, sowie jede will- 
kürliche Haussuchung und Beschlagnahme von Briefen und Papieren, gestattet sie nur 
insoweit, als das Gesetz sie erlaubt, und nur unter Beobachtung der Formen des Ge- 
setzes. Zu unterscheiden ist also . 
1. das Eindringen in die Wohnungen und Haussuchungen, 
2. die Beschlagnahme von Briefen und Papieren. 
1. Das Eindringen in eine Wohnung wider den Willen des Inhabers derselben 
erfolgt entweder zum Zwecke der Durchsuchung oder zwecks anderweitiger amtlicher 
Thätigkeit der Behörde oder wegen einer Gefahr für den Bewohner. 
aA. Das Eindringen zum Zwecke der Durchsuchung. 
Die Strafprozeßordnung vom 1. Februar 1877 hat in ihren 88 102 bis 111 
die Materie eingehend insoweit geregelt und die früheren territorialen Bestimmungen 
beseitigt. 
Gach ihr kann bei demjenigen, welcher als Thäter oder Theilnehmer einer strafbaren 
Handlung oder als Begünstiger oder Hehler verdächtig ist, eine Durchsuchung der Wohnung 
und anderer Räume, sowie seiner Person und der ihm gehörigen Sachen, sowohl zum 
Zwecke seiner Ergreifung, als auch dann vorgenommen werden, wenn zu vermuthen ist, 
daß die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen werde (§ 102). Bei 
anderen Personen sind Durchsuchungen nur Behufs der Ergreifung des Beschuldigten 
oder Behufs der Verfolgung von Spuren einer strafbaren Handlung oder Behufs der 
Beschlagnahme bestimmter Gegenstände und nur dann zulässig, wenn Thatsachen vor- 
liegen, aus denen zu schließen ist, daß die gesuchte Person, Spur oder Sache sich in den 
zu durchsuchenden Räumen befindet (8 103 Abs. 1). Diese Beschränkung findet keine 
Anwendung auf die Räume, in welchen der Beschuldigte ergriffen worden ist, oder 
welche er während der Verfolgung betreten hat, oder in welchen eine unter Polizei- 
aufsicht stehende Person wohnt oder sich aufhält (§ 103 Abs. 2). Zur Nachtzeit dürfen
	        
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