Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

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I. Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Art. 13. 
gefährdenden Mißbrauchs des Versammlungs= und Vereinigungsrechtes vom 11. März 
1850. Siehe Anmerk. zu § 2 der Verordnung vom 11. März 1850, unten sub Nr. III. 
Das Allgemeine Landrecht hat das Genus Religionsgesellschaften mit den beiden Unter- 
arten Kirchengesellschaften und geistliche Gesellschaften. Unter Kirchengesellschaften versteht 
es nicht die Kirchen als Gesammtkorporationen, sondern nur die Einzelorganisationen 
(Gemeinde 2c.), und somit können nicht jene, sondern nur diese juristische Personen sein. 
Auch die Verfassungsurkunde will ihre desfg. Bestimmungen nur auf die Einzelorgani- 
sationen bezogen haben, hat aber den Sprachgebrauch des Landrechts nicht beibehalten: 
sie läßt das Genus Religionsgesellschaften fallen, versteht unter Religionsgesellschaften die 
landrechtlichen Kirchengesellschaften und stellt diese den geistlichen Gesellschaften gegenüber. 
Nach §§ 11, 12, 939 A. L. R. II. 11 werden Religionsgesellschaften, welche sich zur 
öffentlichen Feier des Gottesdienstes verbunden haben, Rirchengesellschaften genannt, wo- 
gegen diejenigen, welche zu gewissen anderen besonderen Religionsübungen vereinigt sind, 
den Namen der geistlichen Gesellschaften führen, und zwar werden unter diesen geistlichen 
Gesellschaften venstanden: 
1. die katholischen Domstifte und Kapitel (88 1022 —1053), 
2. die Kollegiatstifte (88 1054— 1056), 
3. die Klostergesellschaften (§§ 1057—1059), 
4. die protestantischen Stifte, Klöster und Ritterorden (§§8 1218—1232). 
Die geistlichen Ritterorden (§8§ 1070—1072) sind durch das Edikt vom 30. Oktober 1810 
über die Einziehung der sämmtlichen geistlichen Güter in der Monarchie (Ges.-Samml. 
1811 S. 32) aufgehoben. Das Edikt bestimmte gleichfalls, daß auch alle Klöster nach 
und nach eingezogen werden sollten. Dies hatte ledoch bei Erlaß der Verfassungsurkunde 
nur in geringem Maße stattgehabt, und seitdem vermehrte sich dice Zahl der Klöster sehr 
erheblich. Alsdann ist wieder eine Beschränkung eingetreten. 
Zuerst sind nämlich im Wege der Reichsgesetzgebung durch das Gesetz, betreffend 
den Orden der Gesellschaft Jesu, vom 4. Juli 1872 (Reichs-Gesetzbl. S. 253) und durch 
bundesräthlichen Beschluß (Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 20. Mai 1873, 
Reichs-Gesetzbl. S. 109) der Orden der Gesellschaft Jesu, die Kongregation der Re- 
demptoristen, Lazaristen und Priester vom heiligen Geiste, und die Gesellschaft vom 
heiligen Herzen Jesu vom Gebiet des Deutschen Reichs ausgeschlossen und die Errichtung 
von Niederlassungen derselben untersagt, sowie die Auflösung der bestehenden verfügt 
(Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 5. Juli 1872, Reichs-Gesetzbl. S. 254). 
Sodann sloß das Gesetz, betreffend die geistlichen Orden und ordensähnlichen 
Kongregationen der katholischen Kirche, vom 31. Mai 1875 (Ges.-Samml. S. 217) alle 
Orden und ordensähnlichen Kongregationen der katholischen Kirche, mit Ausnahme der 
ausschließlich der Krankenpflege gewidmeten Niederlassungen, von dem Gebiete der 
Preußischen Monarchie aus, untersagte die Errichtung neuer Niederlassungen und unter- 
warf die hiernach noch fortbestehenden der staatlichen Aufsicht mit Zulässigkeit ihrer jeder- 
zeitigen Aufhebung durch Königliche Verordnung. Das Gesetz, betreffend Abänderungen 
der kirchenpolitischen Gesetze, vom 14. Juli 1880 (Ges.-Samml. S. 285) ermächtigte in 
§ 6 die Minister des Innern und der geistlichen Angelegenheiten, bestehenden geistlichen 
Genossenschaften, welche sich ausschließlich der Krankenpflege widmen, die Errichtung neuer 
Niederlassungen zu erlauben, auch widerruflich zu gestatten, daß gegenwärtig bestehende 
weibliche Genossenschaften, welche sich ausschließlich der Krankenpflege widmen, die Pflege 
und Unterweisung von Kindern, welche sich noch im schulpflichtigen Alter befinden, als 
Nebenthätigkeit übernehmen. Dabei soll der Krankenpflege die Pflege und Unterweisung 
von Blinden, Tauben, Stummen, Idioten und gefallenen Frauenspersonen gleichstehen. 
Diese Bestimmungen sind durch Art. 13 des Gesetzes, betreffend Abänderungen der 
kirchenpolitischen Gesetze, vom 21. Mai 1886 (Ges.-Samml. S. 147) ausgedehnt auf die 
Uebernahme der Pflege und Leitung in Waisenanstalten, Armen- und Pfründnerhäusern, 
Rettungsanstalten, Asylen und Schutzanstalten für sittlich gefährdete Personen, Arbeiter- 
kolonien, Verpflegungsanstalten, Arbeiterherbergen, Mägdehäusern, sowie auf die Ueber- 
nahme der Leitung und Ueberweisung in Haushaltungsschulen und Handarbeitsschulen 
für Kinder in nicht schulpflichtigem Alter, als Nebenthätigkeit der ausschließlich kranken- 
pflegenden Orden und ordensähnlichen Kongregationen, welche im Gebiete der Monarchie 
zur Zeit bestehen. Durch Art. 5 des Gesetzes, betreffend Abänderungen der kirchen- 
politischen Gesetze, vom 29. April 1887 (Ges.-Samml. S. 127) sind endlich allgemein 
diejenigen Orden und ordensähnlichen Kongregationen wieder zugelassen, welche sich der 
Aushülfe in der Seelsorge, der Uebung der christlichen Näch tenliebe, dem Unterrichte 
und der Erziehung der weiblichen Jugend in höheren Mädchenschulen und gleichartigen
	        
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