Der Sitz der
Regierung.
Der Senat als
hamburgische
Begierung.
— 8 —
von Kiautschou, die Entsendung von Truppen und Schiffen nach
China wegen des Gesandtenmordes zweifellos spontane und freie,
allein durch den Staatszweck diktierte Regierungsakte. Sobald
aber die Verhältnisse dort eine dauernde und ständige Regelung
erforderten, musste eine gebundene gesetzmässige Verwaltung
installiert werden.
Nicht minder schwierig ist es oft, den Sitz der Regierung
zu erkennen. Zwar wo das Staatsrecht eine Einzelpersönlichkeit
als Spitze hervorgebracht hat, wird diese zumeist auch der Re-
gierung walten. Allein unbedingt notwendig ist dies nicht der Fall,
ebensowenig wie man schlechthin den Souverän mit der Regierung
identifizieren kann, wenn beide auch häufig genug thatsächlich
zusammen fallen. Man denke nur an die englischen Verhältnisse.
In dieser Frage zeigt sich gerade wieder recht die Divergenz
zwischen einer rein juristischen und einer politischen Betrachtungs-
weise im Staatsrecht. Die heutige französische Verfassung hat sich
zweifellos den Präsidenten staatsrechtlich minderwertiger ge-
dacht als die Kammer; dennoch hat er sich durch das gegebene
Einsetzen der Persönlichkeit politisch thatsächlich in der welt-
geschichtlichen Gesamterscheinung zum ausschlaggebenden Moment,
zur Regierung ausgestaltet. Präsidenten wie Felix Faure und
Loubet haben ihrem Frankreich den Stempel aufgedrückt, nicht
die wechselnde Kammermajorität.
Hamburg hat nun eine solche eminente Einzelpersönlichkeit
als Spitze niemals hervorgebracht, auch in dem regierenden Bürger-
meister der alten Zeit war eine solche nicht zu sehen. Dass ich
früher den Rat und jetzt den Senat schlechthin für die ham-
burgische Regierung halte, kann nach der im vorigen Kapitel
gegebenen Konstruktion nicht zweifelhaft sein. Das Regierungs-
recht ist eben ein dem Senat als konstitutionellem Herrscher nicht
durch das Kyrion beschnittener Ausfluss der Staatsgewalt. Aber
auch v. Melle, der die „Souveränität“ Senat und Bürgerschaft ge-
meinsam zuerkennt, nennt ersteren die Regierung. Wenn in neuerer
Zeit Hanfft den Versuch gemacht hat, wegen dieser gemeinsamen
Souveränität die Regierung dem Senat und der Bürgerschaft
gleichfalls gemeinsam zu geben, muss das schlechthin für einen
Irrtum erklärt werden. Für einen Irrtum, weil Regierung und
Souverän nicht identisch sein müssen, somit hierin ein Grund
nicht liegen kann, weil konstruktionell die „Regierung“ der An-
teilnahme einer parlamentarischen Versammlung widerstrebt, weil