40 II. Reichsgesetzgebung. [Art. 2.
W. Rosenberg, Die staatsrechtliche Stellung von Elsaß-Lothringen, Metz
1896, der S. 1 ff. einen Ueberblick über die verschiedenen Ansichten gibt.
Der Anschluß von Elsaß und Lothringen an Deutschland enthält nur
eine Abänderung des Artikels 1, nicht auch des Eingangs der Reichsverfassung.
Demnach genügte ein Reichsgesetz in den Formen des Artikels 78.
Eine fernere Erweiterung des Bundesgebiets ist durch den Erwerb von
Helgoland auf Grund Staatsvertrags zwischen dem Deutschen Reiche und
Großbritannien vom 1. Juli 1890 erfolgt. Das Reich hat jedoch diese Insel
gemäß Gesetzes vom 15. December 1890 (R. G. Bl. S. 207) an Preußen
abgetreten und gleichzeitig deren Einbeziehung in das Bundesgebiet verfügt.
S. dazu Verh. d. Reichstags 8. Leg. Per. I. Sess. 1890/92 Drucks. Nr. 145,
Sten. Ber. S. 751 ff., 777 ff., 812 ff. (Sitzungen vom 2., 4., 9. De-
cember 1890).
IV. Artikel 1 gab im verfassungberathenden Reichstage des Nord-
deutschen Bundes den Vertretern der Polen und TDänen Gelegenheit,
ihren besonderen Standpunkt zu betonen, indem sie für ihre Stammesgenossen
eine Stellung außerhalb des Bundes beanspruchten. (Sten. Ber. S. 206 ff.)
S. darüber 1. Aufl. S. 32 ff. Der dort besprochene Vorbehalt bezüglich
Nordschleswigs in Artikel V des Prager Friedensvertrages vom 23. August
1866 ist durch Vertrag mit Oesterreich vom 11. October 1879 hinfällig ge-
worden.
Das in Artikel 1 neben Preußen genannte Herzogthum Lauenburg wurde
durch Gesetz vom 23. Juni 1876 (Preuß. Ges. Samml. S. 169) mit
Preußen vereinigt. Der König von Preußen hatte es seit dem Wiener Frie-
den vom 30. October 1864 gemeinsam mit Oesterreich, seit dem Gasteiner
Vertrage vom 14. August 1865 allein besessen.
II. Reichsgesetzgebung.
Artikel 2.
Innerhalb dieses Bundesgebietes übt das Reich das Recht der Ge-
setzzebung nach Maßgabe des Inhalts dieser Verfassung und mit der
Wirkung aus, daß die Reichsgesetze den Landesgesetzen vorgehen. Die
Reichsgesetze erhalten ihre verbindliche Kraft durch ihre Verkündigung
von Reichs wegen, welche vermittelst eines Reichsgesetzblattes geschieht.
Sofern nicht in dem publicirten Gesetze ein anderer Anfangstermin seiner
verbindlichen Kraft bestimmt ist, beginnt die letztere mit dem vierzehnten
Tage nach dem Ablauf desjenigen Tages, an welchem das betreffende
Stück des Reichsgesetzblattes in Berlin ausgegeben worden ist.
I. Ich habe schon oben, in den Bemerkungen zum Eingange der Ver-
fassung, meine grundsätzliche Anschauung über die rechtliche Natur der Ge-
setzgebungsgewalt des Reiches dargelegt. Unter die Hoheitsrechte, zu deren
gemeinsamer Ausübung die verbündeten Souveräne sich vereinigten, gehört