5. Januar 1899 einen Beschluss dahin gefasst, den Streit, ob-
wohl seine Zuständigkeit begründet sei, nicht zu erledigen, „da
zurzeit kein hinreichender Anlass zur Erledigung gegeben sei*®.
Wenn Binding dagegen ausführt:2°) „Dass der Streit gegen-
wertig sei und nicht erst ausbreche, wenn der Graf-Regent
Ernst sterbe, sei ganz unwidersprechlich“, so ist dem dennoch
zu widersprechen. Es hat ein Streit um den Lippeschen Thron
bestanden. Dieser Streit wurde durch den Schiedsspruch von
1897 einstweilen entschieden. Grund des Streites war die
Frage, ob der erbnächste Agnat, Graf Ernst zur Lippe Biester-
feld ebenbürtig und sonach nach allgemeinen und besonderen
in den Lippeschen Hausgesetzen niedergelegten Grundsätzen
erb- und thronfolgefähig sei. Es drohte ein neuer Streit
— der inzwischen nach dem Tode des Grafen Ernst ausge-
brochen und auch entschieden ist — in dem die Frage zu
entscheiden ist, ob die Söhne des Grafen Ernst zur Lippe
Biesterfeld ebenbürtig und thronfolgefähig sind. Dieser Streit
war bis dahin nicht existent, weil der Graf Ernst lebte und der den
Gegenstand des Streites bildende Thron noch nicht erledigt war.
Wenn es danach als zweifellos erscheinen muss, dass der
Bundesrat eine definitive Erledigung nur bei gegenwärtig vor-
handenen Streitigkeiten herbeiführen kann, so wird man ihm
doch die Befugnis, ich meine sogar die Pflicht zusprechen
bzw. auferlegen müssen, bei drohenden Streitigkeiten Mass-
nahmen zu deren Verhütung zu treffen. Der Bundesrat ist
das zur Aufrechterhaltung des inneren Friedens im Reiche
berufene Organ. Er würde nur den ihm durch diese Stellung
auferlegten Pflichten genügen, wenn er in der bezeichneten
Richtung tätig würde.
2. Die Verfassungsstreitigkeit muss innerhalb
eines Bundesstaates bestehen.
Nach der Bestimmung des Gesetzes müssen Verfassungs-
streitigkeiten, wenn sie der Zuständigkeit des Bundesrates
unterstehen sollen, „in einem Bundesstaate“ entstanden sein.
25) Bundesrat und Staatsgerichtshof (Deutsche Juristen-Zeitung 1899
S. 73 ff.)