Full text: Die Zuständigkeit des deutschen Bundesrates für Erledigung von Verfassungs- und Thronfolgestreitigkeiten.

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Frage alsbald der Streit von neuem, als die Lippesche Staats- 
regierung am 27. Oktober 1897 einen Gesetzentwurf ein- 
brachte, nach dem die Söhne des Grafen Ernst, sowie dessen 
Brüder und deren Nachkommen aus den bestehenden Ehen 
für thronfolgeberechtigt erklärt werden sollten. Schaumburg- 
Lippe rief jetzt, nachdem es bei der Lippeschen Regierung 
vergeblich protestiert hatte, auf Grund des Art. 76 Abs. 1 den 
Bundesrat an. Dieser fasste am 5. Januar 1899 den Beschluss: 
er sei grundsätzlich zur Entscheidung des Streites zuständig, 
doch sei im gegenwärtigen Augenblicke eine Entscheidung 
über die Thronfolgefähigkeit der Söhne des Grafen Ernst 
nicht geboten. 
Damit hat der Bundesrat die vorliegende Streitigkeit für 
eine solche im Sinne des Art. 76 Abs. 1 R.V., also für eine 
„Streitigkeit zwischen verschiedenen Bundesstaaten« erklärt. 
Es fragt sich, ob mit Recht. 
Es mag hier zunächst hervorgehoben werden, dass Thron- 
folgestreitigkeiten zugleich Streitigkeiten zwischen Bundes- 
staaten sind in den von Haenel!) hervorgehobenen Fällen, 
wenn das streitige Rechtsverhältnis durch wahre Staatsverträge 
geregelt ist,) oder wenn Ansprüche des einen Staates auf 
Gebietsteile oder auf die Domänen des anderen Staates er- 
hoben werden. Doch dass auf den oben hervorgehobenen 
Fall die hier erwähnten Besonderheiten nicht zutreffen, bedarf 
nicht der Erwähnung. 
Dort ist vielmehr der Streitpunkt der, dass der Fürst 
eines Bundesstaates durch die Regelung der Thronfolge in 
einem anderen Bundesstaate sich in seinen Rechten auf die 
Erbfolge in diesem Staate verletzt glaubt und deshalb gegen 
diese Regelung remonstriert. Der Fürst von Schaumburg- 
Lippe macht Ansprüche geltend auf den Lippeschen Thron. 
Die Frage ist hier — wie oben hervorgehoben wurde — die: 
macht er diese Ansprüche geltend für seine Person, oder für 
den Bundesstaat Schaumburg-Lippe? Tritt er in eigenem 
  
1) Haenel, Staatsrecht Bd. I S. 573. 
2) Vgl. den Wittstocker Vertrag von 1442 zwischen Brandenburg und 
Mecklenburg.
	        
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