Vom 26. Februar 1876. 203
oder Entscheidung ihm obliegt, zu Gunsten oder zum Nachtheile eines Betheiligten zu leiten oder
zu entscheiden, wird mit Zuchthaus bestraft. Z„
Derienige, welcher einem Richter, Schiedsrichter, Geschworenen oder Schöffen zu dem vor-
bezeichneten Zwecke Geschenke oder andere Vortheile anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit
Zuchthaus bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniprrafe ein.
8. 335. In den Fällen der 8§8. 331 bis 334 ist im Urtheile das Empfangene oder der
Werth desselben für dem Staate verfallen zu erklären.
4 Z. 336. Ein Beamter oder Schiedsrichter, welcher sich bei der Leitung oder Entscheidung
einer Rechtssache vorsätzlich zu Gunsten oder zum Nachtheile einer Partei einer Beugung des
Rechtes schuldig macht, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft.
8. 339. Ein Beamter, welcher durch Mißbbrauch seiner Amtsgewalt oder durch An-
drohung eines bestimmten Mißbrauchs derselben Jemand zu einer Handlung, Duldung oder
Unterlassung widerrechtlich nöthigt, wird mit Gefängniß bestraft.
Der Versuch ist strafbar. Z
In den Fällen der 88. 106, 107, 167 und 253 tritt die daselbst angedrohte Strafe ein,
wenn die Handlung von einem Beamten, wenn auch ohne Gewalt oder Drohung, aber durch
Mäbbrauch seiner Amtsgewalt oder Androhung eines bestimmten Mißbrauchs derselben be-
gangen ist.
. 340. Ein Beamter, welcher in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung seines
Amtes vorsätzlich eine Körperverletzung begeht oder begehen läßt, wird mit Gefängniß nicht unter
drei Monaten bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann die Strafe bis auf Einen
Tag Gefängniß ermäßigt oder auf Geldstrafe bis zu neunhundert Mark erkannt werden.
Ist die Körperverletzung eine schwere, so ist auf Zuchthaus nicht unter zwei Jahren zu
erkennen. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter drei Mo-
naten ein.
8. 341. Ein Beamter, welcher vorsätzlich, ohne hierzu berechtigt zu sein, eine Verhaftung
oder vorläufige Ergreifung und Festnahme oder Zwangsgestellung vornimmt oder vornehmen
läßt, oder die Dauer einer Freibeitsenzziehung verlängert, wird nach Vorschrift des §. 239, jedoch
mindestens mit Gefängniß von drei Monaten bestraft.
8. Ein Beamter, der in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung seines
Amtes einen Hausfriedensbruch (§. 123) begeht, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre oder
mit Geldstrafe bis zu neunhundert Mark bestraft.
343. Ein Beamter, welcher in einer Untersuchung Zwangsmittel anwendet oder
anwenden läßt, um Geständnisse oder Aussagen zu erpressen, wird mit Zuchthaus bis zu fünf
Jahren bestraft. ç Z
. 344. Ein Beamter, welcher vorsätzlich zum Nachtheile einer Person, deren Unschuld
ihm bekannt ist, die Eröffnung oder Fortsetzung einer Untersuchung beantragt oder beschließt,
wird mit Buchthaue bestraft. Z
§. 345. Gleiche Strafe trifft den Beamten, welcher vorsätzlich eine Strafe vollstrecken
läßt, von der er weiß, daß sie überhaupt nicht oder nicht der Art oder dem Maße nach voll-
streckt werden darf.
st die Handlung aus Fahrlässigkeit begangen, so tritt Gefängnißstrafe oder Festungshaft
bis zu Einem Jahre oder Geldstrafe bis zu neunhundert Mark ein.
8. 346. Ein Beamter, welcher vermöge seines Amtes bei Ausübung der Strafgewalt
oder bei Vollftreckung der Strafe mitzuwirken hat, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren be-
straft, wenn er in der Absicht, Jemand der gesetzlichen Strafe rechtswidrig zu entziehen, die
Verfolgung einer strafbaren Handlung unterläßt, oder eine Handlung begeht, welche geeignet
ist, eine Freisprechung oder eine dem Gesetze nicht entsprechende Bestrafung zu bewirken, oder
die Polsstreckung er ausgesprochenen Strafe nicht betreibt, oder eine gelindere als die erkannte
Strafe zur Vollstreckung bringt.
ind mildernde Unstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter Einem
onat ein.
§. 347. Ein Beamter, welcher einen Gefangenen, dessen Beaufsichtigung, Begleitun
oder Bewachung ihm anvertraut ist, vorsätzlich entweichen läßt oder dessen Befreiung vorsätzli
bewirkt oder beforder, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. Sind mildernde Um-
stände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter Einem Monat ein.
a die Entweichung durch Fahrlässigkeit befördert oder erleichtert worden, so tritt Ge-
fängnißstrafe bis sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu sechshundert Mark ein.
§. 348. Ein Beamter, welcher, zur Aufnahme öffentlicher Urkunden befugt, innerhalb
seiner Zuständigkeit vorsätzlich eine rechlich erhebliche Thatsache falsch beurkundet oder in öffent-
liche Register oder Bücher falsch einträgt, wird mit Gefängniß nicht unter Einem Monat bestraft.
Dieselbe Strafe trifft einen Beamten, welcher eine ihm amtlich anvertraute oder zugäng-
liche Urkunde vorsätzlich vernichtet, bei Seite schafft, beschädigt oder verfälscht.