— 442 —
soweit nicht feststellbar, als das obervormundschaftliche Amt die
Möglichkeit einer vom Reichsrecht abweichenden besonderen
landesrechtlichen Einrichtung besitzt und die vormundschaftliche
Organisation nach Art. 136 E.-G. ebenfalls auf Landesrecht be-
ruhen kann. Nimmt man die Organisation zum alleinigen Aus-
gangspunkt der Darstellung, so ist das vormundschaftliche Amt
das Resultat besonderen öffentlichen Rechtes. Das Vormund-
schaftsrecht als Teil des grossen öffentlichen Rechtsgebietes ge-
stattet auch in gewissem, der Sonderorganisation des Amtes ent-
sprechendem Umfange die Anwendung der für das öffentliche
Staatsdienstverhältnis geltenden Grundsätze. Ein Staatsorgan
begründet und beaufsichtigt das Amt, die Bestellung macht die
allgemeine Dienstpflicht zur besonderen Amtspflicht, welche auch
hier neben der Pflicht zur wirklichen, gewissenhaften Arbeits-
leistung diejenige des Gehorsams gegen rechtmässige Dienstbefehle
des Vorgesetzten enthält. Folgt man Renm’s früherer Dar-
stellung‘, so ist die durch den Bereich des Staatsamtes erfolgte
Begrenzung der Gehorsamspflicht ebenfalls vorhanden. Das vor-
mundschaftliche Amt enthält in beschränktem Umfange die Pflicht
zur Bereitwilligkeit der Dienstleistung, zur Führung eines ach-
tungwürdigen Lebens und kennt selbst eine Analogie der Wah-
rung des Amtsgeheimnisses. Der Vormund kann sich durch die
Verbreitung bestimmter, in amtlicher Eigenschaft ihm bekannt
gewordener Thatsachen schon bei dem Bewusstsein der Möglich-
keit eines den Mündel schädigenden Erfolges nach 8 266 St.-G.-B.
ebenso strafbar machen, wie die Unwahrheit, ja die blosse Ver-
schweigung der Wahrheit in dem internen Verhältnisse gegenüber
dem Mündel selbst bei offensichtlicher Interessenkollision für sich
allein die Strafbarkeit begründen kann‘’, Jedenfalls kann man
16 Jeber die Natur des Staatsdienstes Annal. 1884 $S. 85; das vor-
mundschaftliche Amt ist allerdings hier nicht behandelt, da REnm offenbar
nur Privatrecht in dieser Rechtsmaterie annimmt.
“ In Bd. XXX S. 193 hat das Reichsgericht die Untreue eines Vor-