Full text: Königlich Württembergisches Staats- und Regierungs-Blatt vom Jahr 1819. (14)

36 
— 
dem Resultate der Verhandlung rechtlich gebührt, zuzuerkennen, wenn es auch nur im 
Allgemeinen darum gebeten worden ist. 
Ebenso darf der Richter die Einreden des Beklagten, welche aus den in den Akten 
liegenden Thatsachen sich ergeben, von Amtswegen ersünzen. 
. 8. 
Mit Beschränkung. 
Wenn aber das Gericht schon von Amtswegen verfährt; so darf es doch 
1) zu Erforschung der Wahrheit kein Mittel anwenden, auf dessen Anwendung der Ge- 
gentheil schon bisher anzutragen nicht berechtigt gewesen wäre. 
Der Richter mus sich also nicht nur jeden Zwangs-Mittels und jeder Ercschlei- 
chung enthalten; sondern er darf auch zur Herausgabe von Urkunden eine Partey 
unter keinen andern Voraussetzungen und mit keinen andern Mit- 
teln anhalten, als welche schon bisher gesetzmäßig waren. 
Besonders 
2) ist es zwar Mlicht des Richters, jede Partey aufzufodern, daß sie auf der einen 
Seite diejenigen Thatsachen, worauf sie ihre Anspruͤche gränden will, vollständig 
vortrage; und daß sie sich auf der andern Seite über das Vorbringen des Gegen- 
theils bestimmt, sep es bejahend oder verneinend, oder auch, was mit dem Vernei- 
nen gleichbedentend ist, durch die Behauptung! des Nichtwissens, erklaͤre; auch kann 
der Richter die Parteyen an die Pflicht, die Wahrheit zu sagen, und an die Stra- 
fen der vor Gericht vorgebrachten Unwahrheiten erinnern, und ihnen die Unwaht- 
scheinlichkeit und die Widersprüche ihrer Angaben vorhalten. 
Aber er muß sich hüten, daß er nicht auf eine inquisitorische Weise in die Ge- 
heimnisse einer Partey einzudringen suche. So wie der Richter 
3) beyallen Erklärungen der Partepen und der Zeugen, ehe er dieselben zu Protokoll 
bringt, sich dessen zu vergewissern suchen muß, ob er den eigentlichen Sinn und die 
Meinung derselben richtig aufgefaßt habe; so muß er vorzüglich bey Bekenntnis- 
sen, welche eine Partey ablegt; mit besonderer Vorsicht zu Werke gehen, und er 
muß sorgfältig prüfen, ob dieselbe nicht etwa aus Leichtsinn oder Unbesonnenheit 
Thatsachen, die ihr nachtheilig sind, irrigerweife als richtig zugestehe. 
4) Darf der Richter auf Thatsachen, welche nicht in den Gerichts-Akten liegen, 
die Enkscheidung nichr Fauen. 
Er darf auch
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.