Full text: Königlich Württembergisches Staats- und Regierungs-Blatt vom Jahr 1819. (14)

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#. 86. 
2) Prüfung der Klage. 
Der Oberamts-Richter prüft zuerst die Klage, mag sie mündlich oder schriftlich ange- 
bracht seyn. Er untersucht besonders: 
1) Ob seine Gerichtsbarkeit begründet sey? 
à) Ob die Parteyen die Fähigkeit haben, vor Gericht zu streiten? 
5)) Ob die wahren Interessenten bey dem Streite vorhanden sepen? 
4)0 Ob, wenn Jemand das Recht eines Dritten vertheidigt, derselbe über seine Befug- 
niß dazu sich ausweisen könne? 
5) Ob die Klage nicht zu frühe angebracht sey? 
Finder er in irgend einer Beziehung einen Mangel, welcher dem ordentlichen Rechts- 
Gange im Wege stehen müßte; so trifft er zu deren Beseitigung die angemessenen Verfü- 
gungen, worüber der Kläger eine schriftliche Ausfertigung erhält; oder, in so fern diese 
Verfügungen wenigstens je-tzt nicht zum Zwecke führen könnten, wird der Kläger vorläu= 
fig durch ein Dekret, welches nicht in Rechts-Kraft übergeht, von der Gerichts= Stelle 
zurückgewiesen. 
Hat der Kläger einen bestimmten, aber nach den von ihm vorgetragenen Thatsachen 
ganz unpassenden Antrag gemacht; sowirdihn der Richter darauf aufmerksam machen; und 
statt die Klage, wie sie angebracht worden ist, zu verwerfen, ihn zu einer — seinem Vor- 
bringen angemessenen bestimmten oder unbestimmten Abänderung des Antrags veranlassen. 
Diese Veränderung kann nicht nur jetzt, sondern selbst noch während des Laufo der 
Instruktion geschehen, in so fern nur in lehterem Falle der Klage-Grund selbst dadurch 
nicht verändert wird. 
K. 67. 
ort se tzung. 
Gänzliche Abweisung des Klägeré. 
Findet der Oberamts-Richter bey der Klage große Bedenklichbeiten; so hat er zwar 
das Recht, den Kläger durch angemessene Vorstellungen von einem unnöthigen Prozesse ab- 
zumahnen; aber deswegen, weil dem Richter das Unternehmen vom Anfange an als mißlich 
erscheint, ist er nicht berechtigt, die Einleitung des Prozesses zu verweigern. 
Erhält jedoch das Gericht, nachdem der Kläger vollständig gehört ist, aus 
dessen Vorbringen selbst die vollkommene Ucberzeugung, daß, wenn auch alle vom Kläger 
angegebenen Thatsachen alsrichtig ungenommen werden, dessen Anspruch doch völlig unstatt-
	        
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