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ratenden Staatsmänner zur Preisgebung der zentralparlamentarischen
Erledigung dieser Angelegenheiten bewogen, herrscht so wenig Klar-
heit, daß ihre Beurteilung bei dem gegenwärtigen Stand der Ge-
sehichte nur zwischen dem Vorwurf der Frivolität oder der Un-
fähigkeit schwanken kann. Oktoberdiplom und Februarpatent
bezeichnen nach Abzug ihrer vagen Generalklausel in besonnener
Weise die Ziele und zugleich auch die Grenze der Zentrali-
sation.
V. Innerhalb dieses Rahmens hat der Föderalismus freien
Spielraum. Aber jedes föderative Projekt wird, wenn es ernst
genommen werden soll, eine erschöpfende Organisation der
Monarchie an Haupt und Gliedern bieten müssen. Der
fragmentarische, monologistische Föderalismus, wie er von
den verschiedenen politischen und nationalen Parteien gegenwär-
tig gepflegt wird, belastet die Monarchie mit nicht geringeren
zwecklosen Qualen als der unrealisierbare, durch die Doktrin im
höchsten Grad geförderte Souveränitätstraum der magyarischen
Öligarchie, der sich wie Mehltau auf die politische Entwicklung
beider Staaten senkt. Im Keime wahrnehmbar ist indes schon
gegenwärtig eine nationale Organisation innerhalb der
historischen Länder, unter Wahrung ihrer territorialen
Einheit”, die augenscheinlich keine zufällige Schöpfung ist,
sondern in geographischen und wirtschaftlichen Grundlagen wur-
zeit. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die Sonderkompromisse
zwischen den Nationen innerhalb der Länder ®® zu zwei nebenein-
ander laufenden Organisationen zunächst der Reichsratsländer auf
Grundlage der historischen sowie der nationalen und kulturwirtschaft-
lichen Selbstverwaltung und zum Ausbau eines auch die Minoritäten
schützenden Reichsnationalitätenrechts führen werde ®".
38 Hier kommt namentlich die Landesgesetzgebung in Mähren und in
der Bukowina in Betracht. TEZNER, Die Volksvertretung 437 ff., 717 fl.
2% Im Stadium der Anhängigkeit befindet sich der deutsch-böhmische
und der polnisch-ruthenische Ausgleich.
221 Vorgebildet erscheint diese Entwicklung in den grundlegenden Vor-