Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Erster Teil. Bis zum zweiten Pariser Frieden. (24)

342 I. 3. Preußens Erhebung. 
ihnen in stolzer Rede versprach, er werde sie zum Siege gegen Baierns 
ewigen Todfeind führen. Dienstwilliger denn je folgten die Fürsten des 
Rheinbundes dem Heerbann ihres Protectors; versicherte er ihnen doch, 
es gelte die Wiederaufrichtung des deutschen Kaiserthums der Habsburger 
zu verhindern. Nun erst zeigte sich ganz, was der Rheinbund für Frank- 
reichs militärische Macht bedeutete; nur der Beistand des deutschen Südens 
sicherte dem Imperator den Sieg in diesem Feldzuge. 
In einer Reihe glänzender Gefechte schlug er darauf die vereinzelten 
Corps der Oesterreicher auf der bairischen Ebene zwischen Isar und Donau 
und zwang den Erzherzog durch einen Feldzug von fünf Tagen, mit einem 
Verluste von 50,000 Mann nach Böhmen zurückzugehen. Die mit so 
überschwänglichen Hoffnungen unternommene Erhebung begann wieder so 
kläglich wie der Krieg von 1805, und wieder wie vor vier Jahren zog 
der Sieger unaufhaltsam die Donau abwärts, nahm die Hauptstadt und 
befahl von dort aus die Vereinigung des Kirchenstaates mit dem Kaiser- 
reiche. Aber als er jetzt versuchte im Angesichte der Armee des Erzher- 
zogs die Donau zu überschreiten, da bereitete ihm der Todesmuth der 
kaiserlichen Soldaten bei Aspern seine erste Niederlage. Furchtbar war der 
Eindruck dieses ersten Mißerfolges auf die verwöhnten Kinder des Glücks. 
Jedermann fühlte, dies Weltreich stand auf zwei Augen. Während Napo- 
leon nach der Schlacht durch viele Stunden in starrem Schlummer lag, be- 
riethen seine Generale bereits, ob es möglich sei das geschlagene Heer nach 
Frankreich zurückzuführen, falls der Imperator nicht wieder erwachte. 
Die Siegeskunde von Aspern schlug wie ein Blitzstrahl in das deutsche 
Land; Alles jauchzte mit Heinrich Kleist dem „Ueberwinder des Unüber- 
windlichen“ zu. Und dazu die herzerhebenden Nachrichten aus Tyrol: 
wie die tapferen frommen Bauern der Berge viermal binnen einem Jahre 
sich gegen die verhaßten bairischen Herren erhoben um die Herrschaft des 
geliebten Kaiserhauses und die katholische Glaubenseinheit wieder aufzu- 
richten. Hier war Alles vereinigt was dies romantische Geschlecht erheben 
und begeistern konnte: die wilde Schönheit des Hochgebirges, die rauhe 
Heldenkraft treuherziger Naturmenschen, der ehrliche Kampf für Sitte, 
Recht und Glauben der Väter, das malerische Gewimmel einer freien 
Volkserhebung — Kapuziner und Bauern, Gebirgsschützen und Sennerin- 
nen bunt durcheinander. „Vor und nach seiner war und kommt auch 
Keiner in der Ehrlichkeit" — so lautet die Inschrift unter dem Bilde 
Andreas Hofer's in seinem Hauptquartiere, im Adler zu Innsbruck. Die 
kindliche Einfalt und Treue seines Stammes verkörperte sich in dem 
wackeren Sandwirth; und mit naiver Freude — so gänzlich hatte der 
politische Zorn den alten Bildungsdünkel verdrängt — begrüßten ihn die 
norddeutschen Patrioten als einen Helden der Nation. Einseitigkeit ist 
das gute Recht jeder großen Leidenschaft; die Erbitterten wollten und 
konnten nicht sehen, daß die Mönche und die Bauern des Hochgebirges
	        
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