26 I. 1. Deutschland nach dem Westphälischen Frieden.
haben mehrmals den Plan erwogen, hier in der günstigen Lage zwischen
dem Elb= und Odergebiete, zwischen den schwächlichen Kleinstaaten Mecklen-
burgs, Pommerns und Schlesiens eine Großmacht des Nordostens zu
errichten. Noch größer schien sich das Schicksal der Marken zu gestalten,
als die Burggrafen von Nürnberg den Kurhut empfingen: Friedrich I1.
war der Führer der deutschen Fürsten bei der Reformbewegung in Reich
und Kirche, Albrecht Achill der bewunderte Held des ritterlichen Adels
in den Kämpfen gegen die Städte. Zugleich begann im Innern eine
kühne und feste monarchische Politik. Früher als das heilige Reich er-
hielt die Mark ihren Landfrieden, durch Friedrich I.; früher als in ande-
ren Reichslanden wurde hier die Untheilbarkeit des Staates gesetzlich aus-
gesprochen durch die Gesetze Albrecht Achill's. Adel und Städte beugten
ihren trotzigen Nacken vor der Willenskraft der drei ersten Hohenzollern.
Aber dem vielverheißenden Anlaufe entsprach der Fortgang nicht. Die
Nachfolger jener hochstrebenden Helden sanken bald zurück in die bequeme
Enge deutscher Kurfürstenpolitik. Sie verloren die kaum errungene landes-
herrliche Gewalt zum guten Theile wieder an den Landtag, hielten mit
ihren übermüthigen Herren Ständen wohl oder übel Haus, suchten wie
alle mächtigeren Reichsfürsten Verwaltung und Rechtspflege ihres Landes
vor jedem Eingriff der Reichsgewalt zu behüten und blieben dabei dem
Kaiserhause hold und gewärtig; sie traten spät und zögernd in die lutherische
Kirche ein, überließen die Führung der protestantischen Parteien gemäch-
lich an Kursachsen und Kurpfalz.
Mit gutem Grunde sagt König Friedrich in den Denkwürdigkeiten
seines Hauses: wie ein Fluß erst werthvoll werde, wenn er schiffbar sei,
so gewinne die Geschichte Brandenburgs erst gegen Anfang des siebzehnten
Jahrhunderts tiefere Bedeutung. Erst unter Kurfürst Johann Sigis-
mund traten drei entscheidende Ereignisse ein, welche den Marken eine
große Zukunft, eine von dem Leben der übrigen Reichsländer grund-
verschiedene Entwickelung verhießen: die Vereinigung des secularisirten
Deutsch-Ordenslandes mit Brandenburg, der Uebertritt des Fürsten-
hauses zur reformirten Kirche, endlich die Erwerbung der niederrheinischen
Grenzlande.
Auch andere Reichsfürsten, Katholiken wie Protestanten, hatten ihre
Macht durch die Güter der alten Kirche erweitert. Im Ordenslande
aber wagte die Politik der deutschen Protestanten ihren verwegensten
Griff; auf Luther's Rath entriß der Hohenzoller Albrecht der römischen
Kirche das größte ihrer geistlichen Territorien. Das gesammte Gebiet
des neuen Herzogthums Preußen war entfremdetes Kirchengut; des
Papstes Bann und des Kaisers Acht trafen den abtrünnigen Fürsten.
Niemals wollte der römische Stuhl diesen Raub anerkennen. Indem die
märkischen Hohenzollern die Herzogskrone ihrer preußischen Vettern mit
ihrem Kurhute verbanden, brachen sie für immer mit der römischen Kirche;