Abgrenzung der Verwaltungsbezirke. 195
langten ihre Wiedervereinigung mit der Kurmark als ein unbestreitbares
Recht. Die Regierung aber beharrte bei dem Entschlusse, die Wiege des
brandenburgischen Staates der Provinz Sachsen einzuverleiben; denn die
Landschaft war durch ihre Lage auf Magdeburg angewiesen und hatte seit
der westfälischen Herrschaft nichts mehr gemein mit der für die Kurmark
so wichtigen Schuldenverwaltung, auch ihr Kommunalwesen stimmte nicht
mehr zu dem brandenburgischen Brauche.
Im Herzogtum Preußen war noch unvergessen, daß einst die Städte
des Weichseltals zuerst das Banner des Aufruhrs gegen den Deutschen
Orden erhoben und den Polen ins Land gerufen hatten; das tapfere Volk
war gewohnt auf die westpreußischen Nachbarn wie auf Verräter herab—
zusehen und fühlte sich schwer gekränkt, als einige Striche Ostpreußens
der Weichselprovinz zugewiesen wurden. Durch flehentliche Bitten beim
Könige erlangten mindestens die Kreise Mohrungen und Neidenburg, daß
sie bei Ostpreußen verblieben. Dagegen verlangte eine Petition des pol—
nischen Adels in Michelau und dem Kulmerlande, daß dies alte Stamm—
land der deutschen Ordensmacht zum Großherzogtum Posen geschlagen
würde. Die treuen deutschen Städte aber widersprachen lebhaft, und die
Regierung wies den verdächtigen Vorschlag ab.) Die Neuvorpommern
steiften sich auf ihre „Rechte, Privilegien und Freiheiten“, welche der König
in den Verträgen mit Schweden und Dänemark aufrecht zu halten ver—
sprochen hatte; sie verstanden darunter, nach deutscher Weise, kurzweg alle
bestehenden Institutionen, das schwedische Zollwesen und die alte Münze
so gut wie das alte Beamtentum, und verteidigten ihre Unabhängigkeit
so hartnäckig, daß der Staatskanzler erst im Jahre 1818 wagte den kleinen
Regierungsbezirk Stralsund mit der Provinz Pommern zu vereinigen.
Darauf beschwerten sich die Deputierten der Kreise und Städte bei dem
Könige bitter über die Verletzung ihrer Privilegien; sie erklärten die schwe—
dische Gouvernements-Kanzleiordnung von 1669 für unantastbar und ver—
stummten erst, als der König ihnen nachdrücklich erwidern ließ, keine Pro—
vinz dürfe unter dem Vorwand besonderer Gerechtsame eine Ausnahme
von der allgemeinen Verwaltungsordnung des Staates für sich verlangen.“)
In den westlichen Provinzen stieß die Einführung der neuen Verwaltungs-
bezirke auf geringeren Widerstand, da der Sondergeist der Städte und der
Landschaften hier schon längst durch die harte Faust des napoleonischen
Beamtentums gebeugt war; doch ward auch hier um die Sitze der Be-
hörden leidenschaftlich gekämpft, zuweilen auch versucht, längst vergessene
altständische Ansprüche aus dem Staube der Jahrhunderte hervorzuholen.
Die Grafschaft Werden wollte nicht von der Grafschaft Mark getrennt
*) Bericht des Regierungspräsidenten v. Hippel an den Staatskanzler, Marien-
werder, 21. Juni 1815.
**) Eingabe der Kreise und Städte an den König, 9. Januar 1819. Kabinettsordre
vom 24. Mai 1819.
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