Die württembergische Verfassung. 551
auch die Prägung der unvermeidlichen Denkmünze ward beschlossen, und
als drei Tage nachher König und Landtag auf dem Cannstatter Volksfeste
erschienen, da brach die schwäbische Freiheitsbegeisterung in hellen Flam—
men aus. Was der Bevollmächtigte dieses volksfreundlichen Königs unter-
dessen in Karlsbad getrieben hatte, blieb dem arglosen Volke zum Glück
verborgen.
Der nationalen Gesinnung des schwäbischen Landes brachte die
seltsame Entstehungsgeschichte des neuen Grundgesetzes schweren Schaden.
Die Verfassung war aus einem geheimen Kampfe gegen den Deutschen
Bund hervorgegangen; alle Reden der Volksvertreter liefen hinaus auf
die Mahnung, daß man die schwäbische Freiheit gegen die Tyrannei des
Bundes sichern müsse. Unter solchen Erlebnissen gewann der ohnehin
überstarke Stammesstolz der Schwaben neue Kraft. Da in der deutschen
Zentralgewalt nur die Kronen, in den Einzelstaaten auch die Untertanen
vertreten waren, so schlug der junge Liberalismus fast überall eine parti-
kularistische Richtung ein, und nirgend war dieser Sondergeist mächtiger
als in Württemberg, wo sich von vornherein die Ansicht bildete: das halb
gegen den Willen des Deutschen Bundes entstandene Grundgesetz stehe
über dem Bunde. —
Am 22. Juli traf Metternich zu Karlsbad ein, in dem stolzen Be-
wußtsein, daß „von hier entweder das Heil oder die endgültige Vernich-
tung der sozialen Ordnung ausgehen werde"“. Eine Bereisung seines
lombardisch-venetianischen Königreichs hatte Kaiser Franz aufgegeben, weil
die Bändigung der deutschen Revolution dringender schien. Die Ver-
trauten, mit denen sich der österreichische Staatsmann zunächst besprach,
waren, außer Gentz, die beiden Freunde vom Wiener Kongresse her, die
Hannoveraner Graf Münster und Graf Hardenberg; auf die hochreaktionäre
Gesinnung des Tory-Kabinetts durfte Metternich in allen Fällen, wo kein
Einspruch des Parlaments zu befürchten stand, unbedingt rechnen, und
dankbar schrieb er nachher dem Prinzregenten: „Ew. K. Hoheit ist man
sicher immer auf dem Wege der wahren Grundsätze zu finden.“" Doch
aller andere Beistand war wertlos ohne ein unbedingtes Einverständnis
mit der Krone Preußens. Um dieses zu sichern eilte Metternich nach
Teplitz und hielt dort am 29. Juli mit König Friedrich Wilhelm eine ge-
heime Unterredung, welche auf Jahre hinaus den Gang der deutschen Politik
entschied. Der König zeigte sich aufs Außerste beunruhigt wegen der
unheimlichen demagogischen Pläne, welche, nach Wittgensteins Versicherung,
bei den jüngsten Haussuchungen sich enthüllt haben sollten; er war mit
Recht verstimmt über die Ratlosigkeit des Staatskanzlers und die Zer-
fahrenheit seines Ministeriums, das ihm seit sieben Monaten noch die
Antwort auf seine drängenden Fragen schuldete; er klagte: „es fehlen mir