Dritter Abschnitt.
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Troppau und Laibach.
Die neue Geschichte verdankt ihren eigenthümlichen Reichthum nicht
dem Adel einer überlegenen Cultur, sondern der Weite ihres Gesichtskreises,
dem regen Verkehre ihrer freien Völkergesellschaft. Volksthum und Welt-
bürgerthum, nationale und allgemein menschliche Ideen bekämpfen, ergänzen
und verbinden sich seit den Tagen der Reformation in so mannigfachem
Wechsel, daß die harte nationale Einseitigkeit des Alterthums und die
theokratische Gebundenheit des Mittelalters daneben fast eintönig erscheinen.
Bald scheidet ein neuer religiöser oder politischer Gedanke die moderne
Staatenwelt in zwei große Lager, so daß die nationalen Gegensätze fast zu
verschwinden scheinen, bald versuchen sich die Völker in schroffer Selbst-
genügsamkeit von einander abzuschließen; bald verjüngen sich die modernen
Nationen durch die Aufnahme fremder Ideen, bald stählen sie ihre Kraft
im Kampfe wider ausheimische Gewalten.
Kaum fünf Jahre nach dem Sturze des napoleonischen Weltreichs erhob
sich die kosmopolitische Macht der Revolution von Neuem mit ungeahnter
Stärke. Aus Südamerika, wo eine junge Völkerwelt ums Dasein rang,
schlug der Aufruhr zu Anfang 1820 in das spanische Mutterland, bald
auch nach Portugal hinüber, alle die alten Schlagworte der Revolutionen
Nordamerikas und Frankreichs übten wieder ihre berückende Gewalt. Nach
einem halben Jahre stand auch Italien in Flammen. Wieder ein Jahr
darauf erhob Griechenland die Waffen gegen seine türkischen Herren, und
auch in diesen nationalen Kampf klangen die welterobernden Ideen von
89 hinein: das Hellenenlied Jsörs Natcs 2chy EEAA#In##ywar der letzte
stürmische Nachklang der Marseillaise. In den Hauptländern Europas
unterdrückt, brach die Revolution plötzlich, wie die räthselhafte Natur-
gewalt eines unterirdischen Brandes, an allen Außenposten der Cultur-
welt aus dem Boden hervor. Der Zauber der ungemessenen Ferne, der
Glanz des südlichen Himmels, die flackernde Leidenschaft heißblütiger,
halbgesitteter Völker erhöhten noch den romantischen Reiz des grandiosen
Schauspiels.
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