Erhebung Südamerikas. 133
kämpfer umschwebte, fiel ein heller Abglanz zurück auf das Geburtsland
der Menschenrechte. Durch die Erhebung der Völker des Nordens war
das napoleonische Weltreich zertrümmert worden; seit den Revolutionen
von 1820 machten die politischen Gedanken der romanisch-katholischen
Völker abermals die Runde durch die Welt.
Unterdrückung und Verfolgung hatten unsere Presse heimgesucht, als
sie zum ersten male das heimische Staatsleben zu beurtheilen gewagt;
nun wendete sie sich ganz dem Auslande zu und füllte fast alle ihre
Spalten mit Berichten aus Spanien und Jtalien, die sie den reicheren
Zeitungen der Engländer und Franzosen entlehnte. So gewöhnten sich
die Leser mit ihren Gedanken unstet in die Ferne zu schweifen und über
unverstandene Dinge abzuurtheilen. Mit dem Namen Revolution ward
wieder ein Cultus getrieben, wie vor Zeiten als Klopstock die Morgenröthe
der gallischen Freiheit besang. Nur ein plötzliches Erwachen der freien
Volkskraft schien dem deutschen Elend ein Ziel setzen zu können, und schon
schalt mancher radicale Heißsporn zornig: alle Völker haben ihre Revolution
gehabt, nur nicht die langsamen Deutschen! Daß die kühnste und frucht-
barste aller modernen Revolutionen aus dem Vaterlande Martin Luther's
hervorgegangen war, kam den Bewunderern der neufranzösischen Freiheit
nicht zum Bewußtsein; und noch weniger hätten sie eingesehen, daß die
revolutionären Erhebungen des Südens nicht der überlegenen Heldenkraft
seiner Völker entsprangen, sondern den Freveln eines gewaltthätigen Des-
potismus, der auf den Massen ungleich härter lastete als die Nichtigkeit
des Deutschen Bundes. Dergestalt begannen die Revolutionslehren der
Besiegten in das Land der Sieger wieder einzudringen, und nach und
nach ward ein Zündstoff angesammelt, der in den Erschütterungen von
1830 und 1848 sich entladen sollte. Noch war die Mißstimmung schwach
und ungefährlich, sie beschränkte sich auf einige Kreise der gebildeten Klassen,
denen die revolutionäre Willenskraft völlig abging; doch sie mußte mit
den Jahren wachsen, da der Nation jede gesetzliche Mitwirkung bei der
Bundespolitik verboten war und der Groll über die Mißgriffe der Regie-
rungen durch das beschämende Bewußtsein der deutschen Zersplitterung
beständig verschärft wurde. —
Mehr denn zweihundert Jahre lang war das bunte Rassengemisch
des spanischen Amerikas den Europäern eine unbekannte Welt geblieben,
argwöhnisch abgesperrt durch ein schläfriges kirchlich-politisches Regiment,
das die Kolonien nicht eigentlich drückte, aber sie im Zustande ewiger
Kindheit zu erhalten suchte. Erst seit der Abfall Nordamerikas dem
jungen Welttheil den Anbruch eines neuen Tages verkündet und zugleich
die Reformen König Karl's III. dem Mutterlande wie den Kolonien
einige Erleichterung des Handels, einige Freiheit des geistigen Lebens
gewährt hatten, begann sich in diesen werdenden Völkern ein amerikanisches
Selbstgefühl zu regen. Als darauf die Spanier wider die französischen