Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

174 III. 3. Troppau und Laibach. 
fühlte er schon, wie die tragische Vergeltung ihn ereilte. Humboldt, Boyen 
und Beyme, die einzigen aufrichtigen Freunde seines Verfassungsplanes, 
waren aus dem Ministerium ausgeschieden, und nun wuchs die reaktionäre 
Partei, die ihm diese Männer zu stürzen geholfen, bereits ihm selber über 
den Kopf. Zu Neujahr erhielt er in Wien durch Wittgenstein den Befehl, 
mit Bernstorff nach Laibach zu gehen; der König, dem der beschäftigte 
Müßiggang des Congreßlebens je länger je mehr widerstand, wollte Berlin 
nicht verlassen. Die Absicht dieser Weisung konnte dem Staatskanzler 
nicht verborgen bleiben, um so weniger, da er durch Bernstorff erfuhr, 
daß Ancillon den Entschluß des Monarchen veranlaßt hatte: die Partei 
des Kronprinzen wünschte offenbar, den Urheber der Verfassungspläne von 
dem Monarchen und von der Hauptstadt fern zu halten, so lange die 
entscheidende Berathung über die Gemeindeordnung noch schwebte. Sicht- 
lich gekränkt erwiderte Hardenberg am 5. Januar: das Ausbleiben des 
Monarchen werde allerdings Mißdeutungen hervorrufen; doch wenn der 
König nicht selbst erscheinen wolle, dann sei die Anwesenheit des Kanzlers 
„wirklich unnütz, sowohl für die Opinion, als für die Sache selbst“; der 
inzwischen wiedergenesene Graf Bernstorff könne die Geschäfte des Con- 
gresses, welche das preußische Interesse doch nur mittelbar berührten, sehr 
wohl erledigen. Mit warmen Worten erbat er sodann die Erlaubniß zur 
Rückkehr nach Berlin „um Ew. K. Maj. die geringen Dienste zu widmen, 
die ich Ihnen nach meinen Kräften noch zu leisten vermögend bin“. Dort 
harrten seiner die Verfassung, die Communalordnung und viele andere 
wichtige Entwürfe, „deren Ausführung ich zwar wohl erwogen, aber nicht 
mehreren Händen außer meiner Direktion anvertraut zu sehen wünschte, 
so lange Ew. K. Maj. mich Ihres höchsten Vertrauens würdigen.“) 
Trotzdem unterwarf er sich dem Befehle des Monarchen, und wagte 
nicht, nach einem solchen Zeichen königlicher Ungnade den Abschied zu 
fordern. Statt sein Amt einzusetzen für seine Verfassungspläne, ließ er sich 
zur Seite schieben in eine Winkelstellung, die einem leitenden Staatsmanne 
übel anstand, und tröstete sich mit der Hoffnung, seine Gegner durch zähes 
Hinhalten zu ermüden. Das letzte fröhliche Aufflackern alter Rüstigkeit 
im vergangenen Frühjahr hatte seine Willenskraft erschöpft. Die Alters- 
schwäche kam über ihn, aber von dem Amte, das mit seinem Leben ver- 
wachsen war, von dem Scheine der Macht vermochte er sich nicht zu 
trennen. Gehorsam reiste er nach Laibach und fand dort für die preußische 
Politik so wenig zu thun, daß er nach vier Wochen heimschreiben konnte, 
auch die Anwesenheit des Königs sei nunmehr gänzlich überflüssig.“) 
  
*) Hardenberg an den König, Wien 5. Januar; Hardenberg's Tagebuch, 1., 3., 
4. Jan. 1821. 
**) Der König an Hardenberg, 31. Jan.; Witzleben an Hardenberg, 31. Januar; 
Hardenberg an den König, 6., 8. Febr. 1821.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.